Zur Therapie des Morbus Basedowii / von Berthold Stiller.

  • Stiller, Berthold, 1837-1922.
Date:
1888
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Credit: Zur Therapie des Morbus Basedowii / von Berthold Stiller. Source: Wellcome Collection.

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    Sonnabend, den 7. Juli 1888* Mr. «7. Achtunddreissigster Jahrgang. I«rean; 1., KirDtnerstr.-FfihrUfcf. 7 (Rirnlnerhtf). Erscheint Jeden Sonnabend. lUn pr&numerirt in Wien im Bnreaa der ,Wiener med. Wocbenechr.* und in SeideTs Buchhandlang, Graben Nr. 13. Anseer Wien in den Bachhandlungen und PostAmtem. — Oeldaendungen mfiseen frankirt werden. Wiener Prftmunerationspreis mit Zusendung durch die Post f&r das Inlnnd ganzjährig 10 fl. W., fOr das Ausl&nd Mark. Einzelne Blätter 40 kr. Inserate werden mit 20 kr, per ein* spaltige Nonpareülezeiie berechnet. Medizinische Wochenschrift. Inhalts-Verzeiohniss. Originalartikel. Zur Therapie des Morhus Basedowii. Von Prof. Dr. Berthold Stiller in Budap^§t^ Beitrag zur Kenntniss der Lepra der Nase, des Rachens und des Kehlkopfes. Von Dr. Hugo Zwillinger und Dr. Vinzenz Läufer, gewesene Assistenz- ärzte Professor Stoerk’s in Wien. Ueber die Beziehung der angeborenen Phimose zur Entstehung von Hernien. Vom Dozenten Dr. Josef Englisch, Primararzt in Wien. G-rundzüge der Emährungstherapie. Nach einem klinischen Vortrage von Prof. Leyden in Berlin. (Orig.-Ber.) Berichte aus den wissenschaftlichen Vereinen. Medizinische Ge- sellschaft in Berlin. (Orig.-Ber.) — Societe de Biologie. (Orig.-Ber.) [ Literarische Anzeigen. Gruber: Lehrbuch der Ohrenheilkunde. I journal-Revue. Dermatologie und Syphilidologie. Exantheme bei Malaria. ! Von Eewticew. — Urticaria nach Antipyrin. Von Martino. — Ein eigen- thttmlieher Fall von Dermatitis, hervorgerufen durch Antipyrinhehandlung. I Von Spitz. — Dermatitis gangraenosa infantum. Von Crocker. — Einfluss der Jodpräparate auf die Elimination des Quecksilbers. Von Soucbow. — Die Lungenerkiankungen bei angeborener Syphilis. Von Heller. Therapeutische Notizen. Feuilleton. Ein Beitrag zur Schulhygiene. Notizen. Vorkehrungen gegen Vergiftungen mit Laugenessenz. — Offene Stellen. — Anzeigen. Zur Therapie des Morhus Basedowii.*) Von Prof Dr. BEETHOLD STILLER in Budapest. Ich hin mir wohl bewusst, dass ich einem gewissen Misstrauen nicht entgehen werde, wenn ich mit einem thera- peutischen Vorschläge herantrete, dessen ganze empirische Begründung sich auf nicht mehr als zwei Fälle berufen kann. Bin ich doch selbst empfindlich genug gegen unaus- gereifte Erfahrungen, die sich für fertig geben; ja hatte ich doch selbst Gielegenheit genug, scheinbar gut begründete und von bewährten NanKtu ausgehende Empfehiungen erfolgreicheT Methoden unter meiner nachprüfenden Hand in Nebel zerfliessen zu sehen. Ja das Misstrauen gegen meinen Vorschlag wäre um so berechtigter, da er nicht nur, wie gesagt, blos durch zwei Fälle begründet erscheint, sondern auch in direktem Gegensätze zu einem allgemein acceptirten therapeutischen Grundsätze steht, wie Sie bald sehen werden. Und doch sind meine beiden Fälle so , eclatant, die Kurerfolge so unweifelhaft, dass ich nicht anstehe, deren weitere Prüfung dringend zu empfehlen. Mein erster Fall betrifft eine Frau L., Gattin eines Grossindnstriellen, welche seit dem Jahre 1872 in meiner Behandlung steht; zwei Jahre früher wurde durch Oppolzer bei ihr Morbus Basedowii konstatirt. Eine überaus zärtliche Gattin und Mutter, mit der Sorge für neun Kinder belastet, früher vielen Schwankungen der materiellen Verhältnisse unterworfen, von Katastrophen in der eigenen Familie heim- gesncht, ward ihr von Hans ans schwaches Nervensystem endlich zerrüttet und aus hysterisch-neurasthenischen Anfängen ein wohl entwickelter Morbus Basedowii hervorgegangen. Patientin wurde neben mir von meinem Kollegen K e 11 i mittelst Galvanisation des Sympathicns behandelt, was ihr immer momentane Erleichterung brachte, doch ohne dass wir irgend eine erhebliche Besserung erzielen konnten. Neben den spezifischen Symptomen war eine Hypertrophie beider Herz- hälften mit einem, offenbar von einer relativen Insuffizienz der Mitralis abzuleitenden, systolischen Geräusche vorhanden. Im Sommer wurde sie in’s Salzkammergut oder anderswohin auf mittlere Höhen geschickt, wo auch leichte hydropathische Prozeduren vor genommen wurden, ohne irgend einen vsfirk- lichen Erfolg zu erreichen. Von jeher ein grosser Verehrer der Höhenluft, schickte ich sie 1874 nach Preblau in Kärnten, einem ruhigen Orte, etwa 1000 Meter hoch liegend. Meine Ferienwanderung *) Verf. katte dieses Thema für den diesjährigen Kongress in Wies- baden angemeldet, der Vortrag konnte aber wegen persönlicher Verhinderung nicht gehalten Averden. ' brachte mich zufällig auch dahin, und da war ich angenehm ■ überrascht, ihren bisher nicht unter 120 zählenden Puls da- ; selbst konstant auf 70—72 zu finden. Auch Struma und I Exophthalmus waren fast ganz znrückgegangen. Sie ver- I brachte auch den nächsten Sommer dort mit demselben ; günstigen Erfolge. Der Winter und der häusliche Herd brachten { freilich immer wieder eine Verschlimmerung. Die nächsten i Jahre wurden wieder, vorwiegend wegen der mangelhaften i Verpflegung in Preblau, an anderen niedriger gelegenen , Sommerfrischen verbracht, mit offenbarem Misserfolge, y '■ 1G7S biuu Iiu VJhiLci eine so bedeutende Versohlimmernng i auf, dass sich znm ersten Male Stannngserscheinungen von I Seite des stark dilatirten Herzens geltend machten. Wir wagten nicht, sie wegzuschicken, sondern liessen sie mit Be- ginn der besseren Jahreszeit eine Wohnung auf dem Schwahen- herge beziehen, einer Sommerfrische in den Ofener Bergen in unmittelbarer Nähe der Stadt, in einer Höhe von 500 Meter über der Meeresfläche. Doch auch hier machte die Herz- schwäche rapide Fortschritte. Die schon bisher bestandene Dilatation des Herzens steigerte sich zusehends, mächtiges Anasarca bis zu den Lenden, Ascites, Hydrothorax und Hydro- perikardium, Stauungsniere mit Albuminurie entwickelten sieh immer rascher; dabei war als merkwürdiges Symptom eine ungewöhnliche Erweiterung aller Arterien vorhanden, so dass die Carotiden als fingerdicke Stränge erschienen. Das Gesammt- befinden war entsprechend diesen Zuständen ein trostloses, wie wir es im Terminalstadium der Herzkrankheiten so oft mit den Kranken durchleiden. Digitalis versagte vollständig. Ich sowohl, als andere zugezogene Kollegen erklärten eines Tages dem verzweifelten Manne, dass unter solchen Umständen nichts mehr zu hoffen sei. Der Mann aber, ein ebenso zärtlicher Gatte, wie energischer Charakter, wollte sich in diesen trostlosen Ansspruch, nicht finden, sondern drang unablässig in mich, zu dem er unbedingtes Vertraiien hatte, irgend eine Rettungsthat zu unternehmen. So gedrängt und gestachelt, machte ich ihm endlich ganz contre coeur den Vorschlag, auf Grund unserer günstigen Erfahrungen in Preblau die Kranke auf eine ähnliche Höhe zu bringen. Der nächst zu erreichende Ort von 1000 Metern Höhe war Schmecks in den Karpathen. Ich verhehlte dem Manne nicht, dass es der gewagteste Versuch sei, und dass ihm die Kranke auf dem Wege sterben könne. Dadurch liess er .sich nicht abhalten, da wir sie ja ohnedies verloren gaben. Es war eine ganze Expedition, sie zum Bahnhofe zu bringen und unter grosser Eskorte in einem Salonwagen zu installiren. Sie hielt die Reise aus und kam nach zwei Monaten schlank und frisch, ohne Hydrops und Basedow, als Wnnderprodnkt 1