Die biologischen Grundlagen der sekundären Geschlechtscharaktere / von dr. Julius Tandler ... und dr. Siegfried Grosz.

  • Tandler, Julius, 1869-1936.
Date:
1913
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Credit: Die biologischen Grundlagen der sekundären Geschlechtscharaktere / von dr. Julius Tandler ... und dr. Siegfried Grosz. Source: Wellcome Collection.

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    Außer den vorgenannten primären und sekundären geschlecht- lichen Differenzen weichen die Männchen von den Weibchen zuweilen in Bildungen ab, welche zu verschiedenen Lebensgewohnheiten in Be- ziehung stehen und entweder gar nicht oder nur indirekt auf die Repro- duktionsfunktionen Bezug haben.“ In der Folge wurde die wissenschaftliche Diskussion vielfach dar- über geführt, ob die sekundären Geschlechtscharaktere überhaupt von der Keimdrüse abhängig seien, was einige Autoren aus der Bezeichnung herauslesen zu müssen glaubten, weiters über die größere oder geringere Abhängigkeit einzelner Geschlechtsmerkmale von der Keimdrüse. Während beispielsweise St. Hilaire, nach ihm Puech, Hegar die Abhängigkeit der sekundären Geschlechtscharaktere von der Keim- drüse negieren, stellt sich eine große Anzahl von Autoren, unter ihnen vor allem Virchow, auf den ursprünglichen Hunterschen Stand- punkt. So sagt Virchow: „Das Weib ist eben Weib durch seine Genera- tionsdrüse‘, bringt aber nicht nur die typischen Geschlechtscharaktere, sondern auch eine Reihe anderer, vor allem psychischer Merkmale mit der Keimdrüse in Zusammenhang. Die gegnerische Anschauung hat in neuerer Zeit speziell durch Halban nachdrückliche Unterstützung gefunden. Halban selbst über- nimmt die ursprünglich von St. Hilaire propagierte vollkommene Unab- hängigkeit der sekundären Geschlechtsmerkmale und bezeichnet sie als präexistent, läßt sie aber durch die ‚‚protektive Wirkung der Keimdrüse‘“ zur vollen Entwicklung gelangen. Seine Anschauungen fußen auf den kurze Zeit vorher publizierten Ansichten von Herbst, für den die Geschlechtscharaktere wohl nicht präexistent, aber in ihrer Entwick- lung von dem formativen Reize der Keimdrüse abhängig sind. Es wird sich noch Gelegenheit ergeben, auf diese Arbeiten näher einzu- gehen. Die Huntersche Einteilung wurde in der Folge noch insoferne erweitert, als z. B. Kurella neben den primären und sekundären auch tertiäre Sexualcharaktere unterscheidet. Endlich hat Poll die Ge- schlechtscharaktere in essentielle und akzidentelle geschieden. Ist demnach der kausale Zusammenhang zwischen Keimdrüse und den übrigen Geschlechtscharakteren im Prinzip eigentlich bis zum heutigen Tage strittig, so ist die Kontroverse über die Art und Weise, in welcher dieser Einfluß vor sich gehen soll, wohl als erledigt zu be- trachten. Die ursprüngliche Ansicht, welche vor allem von Pflüger ver- treten wurde, daß die Keimdrüsen auf dem Wege der Nervenbahnen ihre Wirkung entfalten, ist durch die von Brown-Sequard inaugurierte Lehre von der inneren Sekretion der Keimdrüsen endgültig zu Fall gekommen. Speziell die Experimente der Transplantation, bei welchen ja die Keimdrüse, obwohl sie aus ihren ursprünglichen nervösen Zu- sammenhängen gelöst wurde, ihre Wirksamkeit unverändert beibe- hielt, haben in überzeugender Weise die innersekretorische Tätigkeit dieses Organes erwiesen (Ribbert, Knauer, Halban u. a.). In den letzten Jahren hat unsere Kenntnis von der innersekretori- schen Wirksamkeit der Keimdrüse insoferne einen weiteren Fortschritt gemacht, als man daran ging, nicht mehr die Keimdrüse in toto, sondern