Zur Therapie des Morbus Basedowii / von Berthold Stiller.

  • Stiller, Berthold, 1837-1922.
Date:
1888
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Credit: Zur Therapie des Morbus Basedowii / von Berthold Stiller. Source: Wellcome Collection.

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    Die Schleimhaut der hinteren Pharynxwand ist von zahl- reichen his kleinerbsengrossen Knoten, die oft zu zwei und zu mehreren neben einander stehen, besetzt, zwischen den einzelnen Knoten ist dieselbe massig injizirt, aufgelockert, mit Epithel bedeckt und wird von spärlichen zarten Gefössen durchzogen. Der obere Theil der hinteren Pharynxwand ist mit zähem, eitrigem Sekrete bedeckt, welches aus dem Choanalraume zu kommen scheint, an keinem der Knoten ist irgendwelcher Zerfall nachweisbar. Diese gruppirten Knoten haben nicht das Aussehen der früher beschrie- benen oder der an der Epiglottis sitzenden, erst zu beschreibenden, sondern gleichen den Granulomen bei Pharyng. granul. Weder an der Schleimhaut des harten und weichen Gaumens, noch an der Uvula und den Arkaden ist ein ähnlicher Knoten vorhanden, sowie auch am Zungengrunde nicht, welch’ letzterer in der Gegend des Lig. glosso-epiglot. med. von zahlreichen hypertrophischen Lymph- foUikeln durchsetzt ist. Das erwähnte Ligament, gleichmässig rabenkielfederdick verdickt, zeigt keine knotige Infiltration. In den beiden Valleculis, ebenso an dem unteren Theüe der vorderen Fläche der Epiglottis keine wesentliche Veränderung nachweisbar. Der Epiglottisrand erscheint durch drei an demselben sitzende Knoten von verschiedener Grösse verdickt, wie aufgekrämpt, am rechten Antheüe desselben, mehr an der vorderen Fläche des Kehl- deckels, da wo der Epiglottisrand steil nach abwärts geht, sitzen zwei sich knapp au einander drängende, an der Oberfläche ulzerirte Knoten, die eine weisslich-gelbe Farbe haben und wie unter die Schleimhaut eingebettet oder dem Knorpel aufsitzend erscheinen. Die Mitte des Kehldeckelrandes erscheint blos verdickt. Am Linken Rande, an gleicher Stelle wie rechts, nicht nur auf der vorderen, sondern auch an der hinteren Fläche der Epiglottis sitzen zwei kon- fluirte Knoten, von denen der eine gegen die Medianlinie gerichtet, der kleinere stecknadelkopfgross, der andere erbsengross ist; die Grenze zwischen beiden ist durch eine Vertiefung markirt. Die ary- epiglottischen Falten, von je einem Knoten durchsetzt, die beide, an der Oberfläche glatt glänzend, ein weisslich-gelbes Aussehen haben, der Knoten an der rechten Falte hanfkorngross, der an der linken circa erbsengross, beide den Wrisberg’schen Knorpeln aufsitzend. ter arytaenoideas, und zwar am obersten Theüe der hinte- ren inneren Wand ein weissHch-gelher, in der Mitte mit einem Dellchen versehener hanfkorngrosser isolirter Knoten, der Schleim- haut wie aufsitzend. Da, wo die hintere innere Larynxschleimhaut in das linke falsche Stimmband übergeht, also knapp über dem hinteren An- sätze des Stimmbandes, an dem Processus vocalis, ein hanfkorn- grosser, ebenfalls weisslich-gelber Kjioten, der bei der Phonation den hintersten Theü der Stimmbänder überdeckt, so dass derselbe während der Phonation nicht zur Ansicht gelangt; der Knoten berührt das Stimmband nicht. Die hintere innere Larynxwand zeigt bei tiefem Inspirium unterhalb des bereits beschriebenen, am obersten Theüe sitzenden Knotens bis herab zum niederen der Stimmbänder eine gleichmässige Verdickung, knapp oberhalb der Stimmbänder drei kleine, sich dicht an einander drängende Knoten, welche durch zwei seichte Furchen von einander getrennt sind. Die Stimmbänder verdickt, grau-weiss belegt. Die übrige Schleim- haut des Larynx in toto aufgelockert, unbedeutend stärker injizirt. Die Trachealschleimhaut stärker geröthet, ebenfalls aufgelockert. Frau S., eine circa 50 Jahre alte Polin, acquirirte durch jahre- langen Aufenthalt in Indien (Calcutta) Lepra tuberosa der Haut des Stammes und der Extremitäten ; die Schleimhaut des Respira- tionstraktes blieb, mit Ausnahme einer geringen SchweUung und Auflockerung und einer etwas stärkeren Injektion der Epiglottis, der aryepiglottischen Falten, sowie einer gleichen Affektion des Ueberzuges der Aryknorpel von der Krankheit verschont. Wie überhaupt die Respirationsschleimbaut in den Fällen von Lepra tuberosa und deren Misebformen Sitz der Miterkrankung ist, so scheint die Nase dasjenige Organ zu sein, welches von dem Prozesse schon im frühen Stadium mitergriffen wird. Dass die Nase im frühen Stadium er- krankt, darauf lässt sich in unseren Fällen und in den Fällen von Azevedo Lima und Guedes de Mello ®) aus den weit- ’) Azevedo Lima und Gruedes de Mello: Ueber das Vorkommen der einzelnen Lepraformen, sowie der Erscheinungen an Augen, Nase und Ohren. Monatshefte für praktische Dermatologie XIII, 560. gehenden pathologischen Veränderungen, wie Atrophie bis zum totalen Schwunde der Muscheln, Perforation des Septums schUessen, zu einer Zeit, zu welcher sich die Haut noch in keinem fortgeschrittenen Zustande der Erkrankung befindet und die übrigen Organe noch intakt sind. Es ist eine längst bekannte Thatsache, dass der Prä- dilektionssitz der Knoten sich an den Augenbrauenbogen be- findet (Leontiasis), und dass sich in den meisten Fällen Leprome an der Haut der Nase finden; die Idee des Fort- schreitens des Krankheitsprozesses von der äusseren Haut auf die Schleimhäute per contiguum, eventuell durch die Lymph- bahnen. drängt sich immer wieder auf und erscheint klinisch plausibler, als die Theorie der Metastasen durch mykotisch- embolische Vorgänge. Die Knoten auf der Nasenschleimhaut, die aus dem Zerfalle der Knoten resultirenden ülzerationen, die profuse Sekretion, die erwähnte Atrophie bis zu totalem Schwunde der Muscheln und die Perforation des Septums geben dieser leprösen Rhinitis ein eigenthümliehes Gepräge, die, wenn auch nicht in allen Fällen zu beobachtenden Knoten, ein wichtiges differentialdiagnostisches Kriterium. Wir halten also gegen andertheilige Darstellungen diese lepröse Rhinitis als wohlcharakterisirt. Oberwähnte Annahme des Ausbreitens des Prozesses in der Kontiguität macht es auch leicht erklärlich, dass sich Erkrankungen des Kehlkopfes und der Trachea immer an Erkrankungen der Nase anschliessen, und dass sich der Pro- zess endlich auf die Lungen ausbreitet, wde denn auch die meisten Leprösen an Affektionen der Lungen (Lungenlepra, deren Existenz Bonome ®) nach seinen neuesten Untersuchun- gen als festgestellt annimmt) zu Grunde gehen. Die Er- krankung der Schleimhaut des harten und weichen Gaumens besteht ebenfalls in knotig-höckeriger Infiltration derselben und aus den durch Zerfall dieser Infiltrate resultirenden Ul- zerationen. Was den Zerfall der Knoten anbelangt, so meint Lutz'), dass, während die Knoten an der Haut wenig Nei- gung zu Ulzeration zeigen, dieselbe bei Schleimhautknoten sehr regelmässig und oft frühzeitig eintritt, ja, dass Exulze- ration manchmal schon bei ihrem ersten Erscheinen beobachtet werden kann. Am längsten intakt erhielten sich die Knoten zunächst dem Naseneingange und die Knoten an der Zunge, welche Thatsachen wir ebenfalls nur bestätigen können. Ausserdem erscheint der weiche Gaumen narbig, strangartig verdickt, seine Kontraktion wird unvollkommen. Perforation des harten Gaumens, Mutilation des Gaumensegels und der Tonsillen ist ebenfalls beschrieben worden. Bemerkenswerth in unserem ersten Falle ist die An- ästhesie des weichen Gaumens, und hatte es Schrötter®) in den zitirten Fällen gewiss auch mit Lepra anaesthetica des weichen Gaumens zu thun. Im Kehlkopfe gehen in den meisten Fällen dem Auf- treten von Knoten etwas stärkere Injektion, Schwellung und Auflockerung der Schleimhaut wahrscheinlich im Zusammen- hänge mit der Nasenerkrankung voraus. Hieran schliesst sich die Eruption einzelner isolirter bis erbsengrosser, wachs- artig glänzender, gelblich-weisser Knoten, welche konfluiren und zerfallen. Es treten in -wiederholten Nachschüben frische und immer -wieder neue Knoten hinzu; hieraus resultirt dann eine knotig-höckerige Infiltration der ganzen, den Kehlkopf auskleidenden Schleimhaut, oft bis zu hochgradiger Steno- sirung des Larynxlumens. Zerfall der Leprome, Konsumtion eines Theiles der Mucosa in unseren Fällen, chronisch ent- zündliche Prozesse des Perichondriums und weitgehende Zer- störungen des ganzen Organes in den Fällen der Autoren vervollständigen das Bild. ®) Bonome: lieber Lungenlepra. Virchow’s ArcMv Bd. CXI, Heft 1. Lutz: Mittheüungen über Lepra. Monatshefte für praktische Der- matologie 1887, Nr. 11. ®) Schrötter: Ibidem.