Aus der ärztlicher Praxis / von A. Herzfeld.

  • Herzfeld, Alfred Abraham.
Date:
[1908]
Catalogue details

Licence: In copyright

Credit: Aus der ärztlicher Praxis / von A. Herzfeld. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by The Royal College of Surgeons of England. The original may be consulted at The Royal College of Surgeons of England.

    1/2
    Sonderabdruck aus New Yorker Medizinische Monatsschrift ” Oktober 1908. Aus der ärztlichen Praxis. Von Dr. med. A. Herzfeld, New York. Vor einiger Zeit hat ein hiesiger Geistlicher sich dazu berufen gefühlt, von der Kanzel herab in den heiligen Hallen eines nur Gott geweihten Hauses den sündhaften Jüngern Aeskulaps energisch die Leviten zu lesen und deren menschenunwürdiges Handeln einer ein- gehenden Kritik zu .unterziehen. Wohl schon lange sind wir gewohnt, hier in dem Lande des “almighty dollar” die sonderbarsten Verkündigungen und Fanfaronaden von der Kanzel der Kir- chen herab zu vernehmen. Einst waren die Kirchen und Tempel nur der Ver- kündigung des Wort Gottes geweiht, doch mit dem Fortschritt der Zeit und der Zivilisation hat sich auch in diesem “business” vieles geändert, Moses und die Propheten genügen nicht mehr, man spricht heute über alles Mögliche und Unmögliche, predigt auch ein bischen Unduldsamkeit und man politisiert. So wird die Erbauungsstunde interessant, die Schäflein weiden sich an diesen welt- lichen Tiraden und am Frühstückstisch liest man im “Daily Fakir” seine Expek- torationen ; den Artikel ziert oft noch das wohlgetroffene Konterfei seiner Heiligkeit. Man hat wieder einmal von sich reden gemacht, man bleibt vor dem grossen Publikum, man wird nicht so leicht vergessen. Der Prediger, mit dem wir uns heute beschäftigen, Hess seinen heiligen Zorn den Aerzten entgelten, seine Zuhörer- schaft rekrutierte sich teilweise aus “preferred”, teilweise aus “chosen people.” Besonders waren es die Chi- rurgen, die den heiligen Aerger des Pontifex herauf beschworen, jene bitter- böse Sippe, die nicht nur am menschli- chen Cprpus, sondern auch an seiner Geldbörse herumschneidern will. Den Chirurgen kam einstens über Nacht die Idee, sich für ihre Schneidereien im Vor- aus bezahlen zu lassen. Und der Predi- ger in der Wüste sagt, wo steht geschrie- ben zu lesen, dass jemals solche Chirur- gen gewesen, und in einem andern Ka- pitel, etwas weiter unten, spricht der Prediger: “Der Mohr hat seine Schul- digkeit getan, der Mohr kann gehen.” Wo in aller Welt steht etwas von einer Bezahlung? Genügt es Euch nicht, Ihr Herren Chirurgen, in einem edlen Be- rufe zu arbeiten, edel sei der Mensch, hilfreich und gut, auch wenn er nichts zu essen hat. Contenti estote, begnügt Euch mit Eurem Kommisbrote. Weiter steht in dem Buch der Bücher zu lesen, dass jeder Arbeiter seines Lohnes wert sei. Gerade auf diesen Passus scheinen es die Herren Chirurgen abgesehen zu haben. Vor vielen Jahren nun kamen eine grosse Anzahl der Patienten zu einem Einverständnis, nicht nur die Herren Chirurgen, sondern auch die Herren Aerzte im allgemeinen, so ott sich nur hierzu eine Gelegenheit bietet, zu betrügen, sit venia verbo. Dies ereig- nete sich im grauen Altertume. Mit der Entdeckung Amerikas scheint dieser Be- schluss der Patienten auch nach diesem grossen Lande, wo alles in direkter Pro-