Gutächtliche Aeusserung des Doctoren-Collegiums der medic. Facultät in Wien über die Organisirung der akademischen Behörden und ein definitives Statut der Wiener Universitat / J. Schneller.

  • Schneller, J.
Date:
[1864?]
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Credit: Gutächtliche Aeusserung des Doctoren-Collegiums der medic. Facultät in Wien über die Organisirung der akademischen Behörden und ein definitives Statut der Wiener Universitat / J. Schneller. Source: Wellcome Collection.

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    Separatabdruck aus der „Oesterr. Zeitschrift für praktische Heilkunde.“ Gutachtliche Aeusserung des Doctoren-Collegiums der medic. Facultät in Wien über die Orgaiiisirung der akademischen Behörden und ein definitives Statut der Wiener Universität. (Ref. M. R. Dr. J. Schneller.) Venerabile Umversitäts-Consistorram! Mittele Decretes des Venerabile Universitäts-Consistoriums vom 4. Mai 1864, Z. 675, in Folge Erlasses des h. k. k. Staatsministe- 30- April „ „ . „ rinms vom 1864, Z. 2926, I St. M., so wie mit Be¬ zug auf die Consistorial-Aufforderung vom 21. October 1861- Z. 1621, wird das Doctoren-Collegium der medicinisehen Facultät eingeladen, über die Organisirung der akademischen Behörden der Wiener Universität und deren definitives Statut dem Ven. Consist. bis Ende Juni 1864 (verlängert bis Ende October) eine gutachtliche Aeusserung vorzulegen. In jenem h. Erlasse betont Se. Excellenz der Herr Staatsmini¬ ster Dr. Ant. Ritter von Schmerling wiederholt die theilweise unter anderen Verhältnissen erstatteten älteren Anträge und Be¬ richte Über JicvUlltVeraitÄtoorgrtvnts«* * t tu«, .av **tts <U« acitlici »ci‘ifev tretenen Aenderungen in dem ganzen Staatsorganismus«. Das Doctoren-Collegium der medic. Facultät gibt sich die Ehre, dem Eingangs erwähnten hohen Aufträge mit Folgendem zu ent¬ sprechen : Als die provisorische Organisation im Jahre 1849 erschienen war, constituirte sich die damalige medic. Facultät am 9. Novem¬ ber 1849 provisorisch als Doctoren-Collegium der medic. Facultät. Gleich den übrigen Facultäten that sie dies unter dem ausdrück¬ lichen Vorbehalte aller ihrer Rechte, Privilegien, Gewohnheiten und Stiftungen, und zwar mit dem Zusatze, dereinst bei dem zu erwar¬ tenden Reichstage oder n. ö. Landtage als den laut §. 37 der da¬ maligen Reichsverfassung vom 4. März 1849 im Vereine mit Sr. k. k. apostolischen Majestät allein zum Erlasse von Gesetzen be¬ rechtigten Gewalten, alle jene Schritte zu thun, die sie in dieser Beziehung etwa für nothwendig erachtet. Zugleich brachte sie diese Rechtsverwahrung zur Kenntniss des h. Unterrichtsministeriums. Seit jener Zeit war das Doctoren-Collegium schon zweimal in der Lage, über Aufforderung des Ven. Univ.-Cons. einen umfassen¬ den und motivirten Bericht über den Gegenstand der Frage zu er¬ statten. Es ist dies 1) der Bericht über die stiftungsmässigen und hi¬ storischen Rechte der Universität, so wie deren Zeitgemässheit, mit Rücksicht aut eine definitive Organisation, vom Jahre 1853 ad Con- sistorialzahl 637, und 2) der Bericht, enthaltend die geeigneten Anträge zur Abfassung eines den »besonderen Verhältnissen der Wiener Universität entsprechenden« definitiven Statuts vom Jahre 1862 ad C. Z. 1612 vom 21- Oct. 1861. Beide gelangten zur Kenntniss des h. Ministeriums und zwar letzterer über einstimmigen Beschluss des Doctoren-Collegiums im Wege der persönlichen Ueberreichung an Se. Excellenz den Herrn Staatsminister. In diesen beiden bezüglich der Schlussanträge nahezu überein¬ stimmenden Berichten wurde zugleich Anlass genommen, jene Ein¬ griffe in die Rechte des Doctoren-Collegiums ausdrücklich zu be¬ zeichnen, welche im offenbaren Widerspruche stehen mit den noch heutigen Tages geltenden kaiserlichen Erlässen von den Jahren 1810 und 1833 über die strengen Prüfungen und die damit zusam¬ menhängenden Acte, so wie mit den Bestimmungen der provisori¬ schen Organisation vom Jahre 1849, §§. 19, 34 und 35. Auf die neuerliche Anführung dieser Rechtsverletzungen will das Doctoren-Collegium gerne verzichten; es erlaubt sich diesfalls auf den letzten, auch* im Drucke erschienenen und der Zeitschrift des Collegiums (Oesterr. Ztschft. f. prakt. Heilkunde Nr. 26) bei¬ gelegenen Bericht vom Jahre 1862 ehrfurchtsvoll hinzuweisen. In dem letzten Biennium ruhte aber die Universitäts-Reform¬ angelegenheit keineswegs. Sie bot vielmehr den Anlass zu wieder¬ holter principieller Erörterung dieser Zeitfrage und zwar mit be¬ sonderer Beziehung auf Medicin, in Wort und Schrift. mjuiii*' urts ziiiitJi/iL genannte niclOOrnt CIGS UOCtOfön* Collegiums nicht unberücksichtigt bleiben, und es liegt vorerst nahe genug, auf jene »Zeitfragen«, insoweit sie das Doctoren-Collegium berühren, hier eine Antwort zu geben. Auch kann das Doctoren-Collegium es sich nicht versagen, ja durch den Erlass des h. Staatsministeriums fühlt es sich hiezu aufgefordert, bevor es zu den eigentlichen Anträgen übergeht, über die Stellung der Wiener Universität gegenüber den »nunmehr ge¬ änderten Verhältnissen im ganzen Staatsorganismus« seine Ansich¬ ten zu entwickeln. Beide diese Fragen, die wissenschaftliche so¬ wohl wie die politische, sind gewiss der tiefsten Erwägung werth. Was nun die obenerwähnten principiellen Erörterungen betrifft, so bestehen ihre Hauptargumente in Folgendem: Der Verband einer Facultät als Doctoren-Corporation mit der Universität als einer Bildungsanstalt, so heisst es, sei ein bloss historischer, jetzt unzeitgemässer, die Doctoren-Collegien seien ‘) »heteroplastisehe, mit der modernen Universität unvereinbare Ele¬ mente«, und nachdem nur 2) »der Lehrkörper der Vertreter und Träger der Wissenschaft sei«, könne von einer wissenschaftlichen Bedeutung derselben schon gar keine Rede sein. Ob der Bestand der Doctoren-Facultät der Universität als Lehranstalt unmittelba¬ ren Nachtheil bringe, wird nicht nachgewiesen, allein als Ideal einer Universität scheint die deutsche Universität zu gelten, welche ausschliesslich Professoren-Universität und Staatsschule ist, sie gilt als die »moderne Universität«. Wenn nun vor Allem von der Zeitgemässheit die Rede ist, so entsteht die Frage, ob denn nicht auch die sogenannte deutsche Universität eine historische sei und überhaupt die »moderne« Uni¬ versität als blosse Staatsanstalt und mit ihren vier Facultäten nicht schon im Begriffe stehe, unzeitgemäss zu werden? Bei dem täglich zunehmenden Wachsthume des menschlichen Wissens an Inhalt und Umfang, bei dem vorwiegenden Streben, l) Rokitansky: Die Conformität der Universitäten. Wien 1863. S. 24. *) Rokitansky: Zeitfragen betreffend die Universität. Wien 1863* S 29 und 30.