Handbuch der Fleischbeschau für Tierärzte, Aerzte und Richter / von Robert Ostertag.

Date:
1892
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Credit: Handbuch der Fleischbeschau für Tierärzte, Aerzte und Richter / von Robert Ostertag. Source: Wellcome Collection.

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    Lehmann bemerkt, das.s auch Farbstoffe (z. B. Cochenille) verwendet werden, welche auf die angegebene Weise nicht aufzu- finden seien. Diese Lücke füllt nun ein Verfahren aus, welches Klinger und Bujard entdeckt haben. Sie bedienen sich des Grlycerins als Extraktionsmittels. 20 g der feingeschnittenen Wurst werden mit einer Mischung von glei- chen Teilen Wasser und Glycerin im Wasserbad ausgekocht, wobei man, wenn ein Cochenillefarbstoff vorhanden ist, schon nach kurzer Zeit eine deutlich rot gefärbte Lösung erhält. Bei Abwesenheit dieser Farbe wird das Glycerin gar nicht oder höchstens gelblich gefärbt. Nach dem Erkalten wird abfiltriert, und wenn nur geringe Mengen Farbstoff gelöst sind, das \^erfahren mit weiteren 20 g Wurst mit dem erhaltenen Filtrat wiederholt. Die vollkommen klare und, was ganz besonders von Wert ist, fettfreie, mehr oder weniger stark rot gefärbte Glycerinlösung kann nun meistens direkt sp e ktroskop is ch untersucht werden, wobei die für Karmin- präparate charakteristischen Absorptionsbänder in allen Fällen deutlich zu er- kennen sind, oder es kann aus dieser Lösung in bekannter Weise der Karmin- lack gefällt werden. Dieser wird dann auf einem Filterchen gesammelt und in wenig Weinsäure gelöst. Man erhält so eine ganz konzentrierte Lösung des Farbstoffes, mit welcher die üblichen Reaktionen vorgenommen werden können. Beurteilung. Die zu der Wurstfärbung gebräuchlichen Farb- stoffe sind zwar weder, was ihre Natur anbelangt, schädlich, noch bedingen sie, was die Quantität der Zusätze anbelangt, eine sub- stantielle Verschlechterung des Fleisches, beziehungsweise der Fleisch- waren. Gleichwohl wird der Zusatz der Farbstoffe von sach- verständiger und gerichtlicher Seite als Verfälschung be- handelt, und dieses mit Fug und Recht. Eine zweifellose Verfälschung liegt vor, wenn das Färben den Konsumenten, wie beim Hackfleisch, über das Alter des Fleisches, oder über betrügerische Zusätze von Mehl und Wasser hinwegtäuschen soll. Eine Verfälschung und ein Vergehen gegen § 12 des Nahrungsmittelgesetzes bedeutet es aber, wenn faulendes Fleisch gefärbt an den Mann zu bringen ge- sucht wird*). Denn faulendes Fleisch ist gesundheitsschädlich (s. S. 497). *) Reichardt (zitiert nach Lehmann) beschreibt die Erkrankung einer ganzen Familie durch gefärbte Wurst. Es ist im höchsten Grade wahrscheinlich, dass in diesem Falle die Wurst aus zersetztem Fleische hergestellt wurde, und dieses um so mehr, als Reichardt bemerkt, dass die Wurst arsenfrei gewesen sei.