Die Pathologie und therapie der hereditären Syphilis : nach ihrem gegenwärtigen Standpunkte / dargestellt von Ludwig Fürth.

  • Fürth, Ludwig.
Date:
1879
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Credit: Die Pathologie und therapie der hereditären Syphilis : nach ihrem gegenwärtigen Standpunkte / dargestellt von Ludwig Fürth. Source: Wellcome Collection.

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    Zeit an der Brust gelegen, so musa er unbedingt das Kind absetzen lassen, wofern die Amme noch gesund, die Eltern desselben wie die Amme von der Gefahr der Ansteckung in Kenntniss setzen. Die Eltern, um sie zu warnen, durch das Engagement einer gesunden Person einer Klage von Seite dieser früher oder später sich auszusetzen und ihnen die moralische Seite ihres Vorgehens vor Augen zu halten; die Amme, um ihr die Wesen- heit einer Krankheit klar zu machen, durch welche sie sich, ihr Kind, ihren Mann, ihre Familie, ihre weitere Nachkommenschaft, ihr häusliches Glück untergräbt. Es gibt keine Schutzmassregel, durch deren Befolgung die Amme sich vor Infektion schützen könnte, beispielsweise, dass auf die Brustwarze der Amme Kautschuk-Deckhütchen aufgesetzt werden, um beim Saugen die direkte Berührung der erkrankten Lippen des Kindes hintanzuhalten. Ihr irgend welche diesbezügliche Vorschriften zu geben und sie so indirekt zu bestimmen, das Kind zu stillen, heisst sich zum Mit- schuldio-en der Eltern machen. Nie aber verheimliche der Arzt den Eltern aus welcher Kücksifht immer, oder der Amme die Krankheit des Kindes; er ist dann der alleinige Schuldige an dem Kuine der gesunden Amme, wobei ihm nur zu oft auch die Genugthuung nicht wird, wenigstens das Kind gerettet zu haben, da wohl die Amme erkrankt, der Säugling, ob- wohl von einer solchen geniihrt, dennoch von dem voraussichtlichen Ende ereilt wurde. Man sollte es kaum für möglich halten, dass noch heute die Here- ditär-Syphilis für nicht ansteckend angesehen (GüNZBURG) und so die Angst und die Besorgniss, mit welcher man das Verhältniss zwischen Amme und Säugling betrachtet, als übertrieben und durch nichts gerecht- fertigt angesehen wird. So lange man mit HuNTER glaubte, dass eine Infektion nur durch ein {)rimäres Geschwür möglich sei, den sekundären Erscheinungen jede Ansteckungsfähigkeit absprach, die konstitutionelle Syphilis übei'haupt leugnete, konnte man ebenso wenig eine hereditäre Syphilis acceptiren als annehmen, dass ein mit hereditärer Lues behaf- teter Säugling diese seiner Amme mittheilen könne. Die Autoiität Hunter's hatte alle Zeugnisse aus den vorigen Jahrhunderten, welche für ihre Uebertragungsfähigkeit sich erklärten, einfach als überwundenen Standpunkt ad acta gelegt. HUNTER mochte glauben, dass das, was er für die erworbene Syphilis als Gesetz aufstellte, ebenso für ererbte Gel- tung habe. Diese Anschauung Hunter's wurde schon von seinen ein- sichtigen Zeitgenossen heftig bekämpft. Fagner, Bertin, Doublet u. A. machten energisch gegen sie Front. Als sich nun die Fälle, welche gegen die HuNTER'sche Theorie bewiesen, allmälig mehrten und deren unzweideutigste HüNTER selbst zur Anschauung kamen, welche ihn schliesslich in seiner Lehre schwankend machen mussten, Hess er sich zu einem Bekenntnisse herbei, das seinem Systeme nicht sehr wehe thun sollte. Er anerkannte die hereditäre Syphilis zwar nicht für Syphilis, 7*