Handbuch der historisch-geographischen Pathologie / bearbeitet von Dr. August Hirsch.

  • Hirsch, August, 1817-1894.
Date:
1859
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Credit: Handbuch der historisch-geographischen Pathologie / bearbeitet von Dr. August Hirsch. Source: Wellcome Collection.

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    dem ganzen Körper auf die Erde lagern. Zur richtigen Würdigung dieses Zustandes ist übrigens die Thatsache in’s Auge zu fassen, dass es sich dabei niemals um cerebro-spinale Lähmungen, sondern lediglich um eine geistige Para- lyse handelt; niemals beobachtet man eine Anästhesie oder Analgesie, wenn auch die Sensibilität etwas geschwächt erscheint, ebenso sind die motorischen Para- lysen nur scheinbar, der Kranke ist, sobald es ihm gelingt, sich vollständig zu ermuntern, im Stande, jede Bewegung vollständig auszuführen, und ebenso er- scheint die centripetale Leitung nicht etwa geschwächt, sondern nur auffallend verlangsamt. Wenn die Schlafsucht einen hohen Grad erreicht hat, treten zu- weilen unwillkürliche Urin- und Kothentleerungen ein, allein auch diese Er- scheinung hängt nicht etwa von einer Lähmung der Sphinkteren, sondern ledig- lich von dem Umstande ab, dass der Kranke nur ein halbes Bewusstsein seines Zustandes und seiner Bedürfnisse hat. Niemals sind im Krankheitsverlaufe Delirien beobachtet worden, und auch die Angabe, dass zuweilen Convulsionen oder ein convulsivisches Zittern bei den Kranken beobachtet wird, scheint, wenn überhaupt gegründet, auf äusserst seltenen Ausnahmefallen zu beruhen. Auch selbst in diesem Zustande noch erscheint das übrige Befinden des Kran- ken, eine immer mehr und mehr zunehmende Abmagerung abgerechnet, nicht wesentlich gestört; der Puls ist gewöhnlich verlangsamt, der Zustand der Ver- dauungsorgane meist normal, die Zunge nicht belegt, der Appetit, so lange man den Kranken eben noch zu ermuntern im Stande ist, gut, oder selbst ge- steigert, die Stuhlentleerungen meist entfärbt, wie übrigens bei Negern auch häufig im gesunden Zustande; der Urin ist klar, hell gefärbt und nicht eiweiss- haltig. — Allmählig nähert sich das Leiden, und damit auch der Kranke sei- nem Ende: die Schlafsucht hat einen solchen Grad erreicht, dass der Kranke gar nicht mehr ermuntert werden kann und vollständig das Aussehen eines Idioten annimmt, die Magerkeit schreitet vor, die Haut nimmt ein erdiges, aschfarbiges Aussehen an, und wird trocken, der Kranke liegt in einem anhal- tenden, tiefen Sopor da, und so erlischt das Leben allmählig, ohne Schmerz und ohne dass sich der Uebergang aus dem Schlafe in den Tod durch irgend welche auffallende Erscheinungen ausspräche. — Zuweilen treten im Verlaufe des Leidens interkurrente Krankheiten, Ruhr u. a., ein, die den traurigen Aus- gang desselben selbstredend beschleunigen: denn — so weit eben bis jetzt die Erscheinungen reichen — scheint ein solcher Ausgang unabwendbar; alle Kurmethoden haben sich bis jetzt gegen diese Krankheit vollkommen unwirk- sam bewiesen, die Krankheit hat in allen Fällen zum Tode geführt, und zwar in einer bald schnelleren, bald kürzeren Zeit; als mittlere Dauer dürfte man 2 — 3 Monate bezeichnen, allein man hat den Tod auch schon nach 4 — 6 Wochen, andere Male erst nach 5 Monaten, und selbst noch später eintre- ten sehen. Bezüglich des Leichenbefundes bei der in Frage stehenden Krankheit lie- gen bis jetzt die Berichte über 8 Fälle vor, welche ich bei dem Interesse, wel- ches diese, bisher so wenig bekannt gewordene Krankheit erregen dürfte, hier kurz mitzutheilen für geeignet erachte: 1. Fall betrifft einen 14jährigen Knaben von der Benin-Küste: der Kör- per nicht sehr abgerragert, die Arachnoidea verdickt, fest, getrübt, die Ge- hirnsubstanz sehr blutreich, in den Ventrikeln und auf der Basis des Gehirns ein wenig beträchtliches, seröses Exsudat, in der Rückenmarkshöhle, in der unteren Cervikal- und Dorsalgegend ein starker Bluterguss, die Rückenmarks- häute an den genannten Stellen mit einem gelblichen Exsudate bedeckt, übri- gens durchweg stark injicirt; die Pleura rechter Seits entzündet, mit einem Exsudate bedeckt, in der Pleurahöhle eine schwärzliche, faulig stinkende Flüs- sigkeit rings um den unteren und mittleren Lungenlappen ergossen; die Lunge an das Zwerchfell adhärirend und entzündlich infiltrirt; das Herz normal, starke Fettablagerung auf dasselbe, in den Ventrikeln Faserstoff- gerinnsel, die in die Arterie ragen, das Peritonäum entzündlich injicirt, im Darm etwas dunkelgefärbte, dünnflüssige Masse, im Dünn- und Dickdarm hie und da Schleimhautgeschwüre, die Leber normal, Gallenblase mit graulicher Galle stark gefüllt, Nieren gesund, Blasenwände verdickt, die Blase contrahirt (Clarke).