Die biologischen Grundlagen der sekundären Geschlechtscharaktere / von dr. Julius Tandler ... und dr. Siegfried Grosz.

  • Tandler, Julius, 1869-1936.
Date:
1913
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Credit: Die biologischen Grundlagen der sekundären Geschlechtscharaktere / von dr. Julius Tandler ... und dr. Siegfried Grosz. Source: Wellcome Collection.

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    lichen Tieres, welche am milchgebenden Tiere durchgeführt wird im Interesse einer reichlicheren und länger andauernden Milch- sekretion, die aber auch am jugendlichen weiblichen Rind milcharmer Rassen vorgenommen wird, um auf diese Weise Zugvieh und Mastvieh zu gewinnen. Lehren schon die angeführten Tatsachen, daß die auf die Kastration folgenden Ausfallserscheinungen seit jeher nicht nur be- kannt waren, sondern auch ausgenützt wurden, so zeigt die Betrachtung dieser ökonomischen Kastraten eine Reihe morphologischer Erschei- nungen, welche für die Lehre von den Geschlechtscharakteren Bedeu- tung hat, wenn auch zugegeben werden muß, daß man sich bis zum heutigen Tage trotz des ganz ungeheuren bezüglichen Materiales mit dem Studium der ökonomischen Kastration nur wenig beschäftigt hat. Wir trennen im folgenden die experimentelle und die ökonomi- sche Kastration nicht voneinander, da wir auch hier die Betrachtung nach der Tierspezies durchführen wollen. So berichtet Marshall über bezügliche Versuche beim Igel. Die Kastration während der Ruheperiode verhindert die mächtige Ent- wicklung der Samenblasen und der übrigen akzessorischen Geschlechts- organe, die sonst zur Zeit der Brunst aufzutreten pflegt. Wird sie vor- genommen, wenn diese Entwicklung schon begonnen hat, so tritt ein Stillstand in der Weiterbildung ein. Marshall hebt hervor, daß diese periodische Höhenausbildung der akzessorischen Geschlechtsorgane nicht von der Spermatogenese abhängig sei, sondern wahrscheinlich auf die innere Sekretion des Hodens zu beziehen ist, welche von den Zwischen- zellen ausgeht. Über Kastrationen am Meerschweinchen berichtet Pirsche und zwar wurden die Tiere im Alter von 45 Tagen der Operation unterworfen. Als Ergebnis dieser Versuche ließ sich feststellen, daß die kastrierten Tiere eine bedeutende Gewichtszunahme erfuhren. Acht Monate nach der Kastration wurden die Tiere getötet. Die Autopsie ergab eine sehr deutliche Atrophie des Penis. Die durch Wägungen festgestellte Fett- zunahme beim kastrierten Tier war bei der Autopsie nicht augenfällig. Die Extremitätenknochen der kastrierten Tiere sind größer und dicker als die der Kontrolltiere. Die Epiphysenfugen sind nicht verstrichen. Eine Vergrößerung der Hypophyse war bei den Kastraten nicht er- hebbar. Pirsche berichtet an gleicher Stelle (in seiner Monographie ‚De influence de la castration‘‘, 1902, 35 ff.) über Kastrationsexperimente, welche Poncet an Kaninchen vorgenommen hat. Die in Versuch genommenen Tiere waren ca. drei Monate alt. Drei Monate nach der Operation wurden die Tiere getötet. Es ließ sich erheben, daß die Knochen der kastrierten Tiere stärker und länger waren als die der Kontrolltiere und zwar waren die Differenzen am augenfälligsten an Femur und Tibia. In Versuchen vom Jahre 1894 konnte Steinach feststellen, daß bei kastrierten Ratten die Samenblase und die Prostata im Wachstum zurückbleiben. Er beschreibt die Samenblasen als 4—-5 mm lange, leere, schlaffe Gebilde, während die des normalen Tieres ca. 40 mm