Die biologischen Grundlagen der sekundären Geschlechtscharaktere / von dr. Julius Tandler ... und dr. Siegfried Grosz.

  • Tandler, Julius, 1869-1936.
Date:
1913
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Credit: Die biologischen Grundlagen der sekundären Geschlechtscharaktere / von dr. Julius Tandler ... und dr. Siegfried Grosz. Source: Wellcome Collection.

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    Wie schon erwähnt wurde, sind eigentlich nur die Eigenschaften der Gameten die primären Geschlechtscharaktere.. Wenn wir trotz- dem für unsere Auseinandersetzungen die übliche Nomenklatur ver- wenden, so geschieht dies im Interesse einer leichteren Verständigung ; wir möchten aber nochmals betonen, daß bei Besprechung der ein- zelnen Organe als Geschlechtsmerkmale nur bestimmte Eigenschaften dieser Organe unter den Begriff der Geschlechtsmerkmale gehören. Wir werden zu zeigen haben, daß bei dieser Art der Betrachtung sich die Frage nach der Abhängigkeit resp. Unabhängigkeit gewisser Merk- male von der Keimdrüse ganz anders erledigt, als dies sonst zu ge- schehen pflegt. Die Betrachtung der Wirksamkeit der Keimdrüse muß daher unter denselben Gesetzen biologischer Forschung durchgeführt werden, unter welchen wir überhaupt gewöhnt sind, kausalen Zusammen- hängen des biologischen Geschehens nachzugehen. Hiezu haben wir die Beobachtung des natürlichen Ablaufes unter physiologischen und pathologischen Bedingungen, weiters das Experiment zur Verfügung. In diesem Sinne soll auch die Betrachtung unseres Themas zur Durch- führung kommen, und zwar wollen wir zunächst den experimentellen Weg besprechen. Die Kastration. Der Einfluß der Geschlechtsdrüsen auf den Organismus läßt sich also zuvörderst durch jene Veränderungen dartun, welche nach der Ent- fernung der Geschlechtsdrüsen eintreten. Die Kastration, wie die Ent- fernung der Geschlechtsdrüsen genannt wird, ist ein von altersher ge- übtes Verfahren. Die Motive für die Vornahme der Kastration waren zunächst gewiß nicht heuristische, sondern rein praktische. Die Kastration wurde aus wirtschaftlichen Gründen an domestizierten Tieren, aus religiösen oder anderen Gründen auch an Menschen aus- geführt; in neuester Zeit auch aus sozialen Gründen an Verbrechern und an Geisteskranken, um dieselben aus rassenhygienischen Rück- sichten der Fortpflanzungsfähigkeit zu berauben. Es würde zu weit führen, hier die Geschichte der Kastration des näheren abzuhandeln, wir wollen vorerst die in neuerer Zeit durchgeführte experimentelle Kastration berücksichtigen, des weitern auch die morphologischen Ergebnisse der aus wirtschaftlichen Gründen ausgeübten Tierkastration in den Kreis unserer Betrachtungen ziehen. Wenngleich wir nur die sekundären Geschlechtscharaktere der Wirbeltiere abhandeln, so möchten wir doch, um das vorliegende Material möglichst vollständig darzustellen, auch die Kastrationen von Wirbellosen in Kürze be- rücksichtigen. Die Kastration ist entweder eine operative oder eine traumati- sche oder endlich eine parasitäre. Die auf die traumatische und pa- rasitäre Kastration folgenden Ausfallserscheinungen sind nur mit Vor- sicht für wissenschaftliche Deduktionen verwendbar. Speziell die traumatische Kastration, also die Außerfunktionsetzung der Geschlechts-