Grundzuge der physiologischen Psychologie / von Wilhelm Wundt.

Date:
1874
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Credit: Grundzuge der physiologischen Psychologie / von Wilhelm Wundt. Source: Wellcome Collection.

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    isi, wie wir sahen, mit verschiedenen sinnlichen Gefühlen verbunden, je nach dem Sinnesgebiel, auf das sie sich richtet'). Die Innervation, welche hei der Spannung der Aufmerksamkeit exislirt, ist also bei disparaten Ein- drücken wahrscheinlich eine verschiedene, vielleicht weil sie von verschie- denen Localitäten im Cenlralorgan ausgeht. Ein zweites Verfahren, durch welches sich der w^echselseitige Einfluss verschiedener Eindrücke ermitteln lässt, besteht darin, dass man entweder gleichzeitig mit dem Ilaupteindruck oder durch eine sehr kurze Zwischen- zeit von demselben getrennt, sei es vorher sei es nachher, einen zweiten momentanen Reiz einwirken lässt. Auch hier kann dieser zweite Reiz entweder dem nämlichen oder einem disparaten Sinnesgebiele angehören; im ersteren Fall muss er nur hinreichend verschieden von dem ersten sein, damit keine Verwechselung stattfinden könne. An dem unten zu beschrei- benden physiologischen Chronoskop (Fig. 154) Hessen sich leicht hierauf abzielende Versuchsanordnungen herstellen. Es konnten nämlich die für gewöhnlich fast unhörbaren Schwingungen der kleinen Stimmgabel, welche die Zeitmessung besorgt, deutlich hörbar gemacht werden. Das Entstehen des Tons gab dann einen Eindruck, dessen Zeit durch die Einstellung des Apparates willkürlich variirt werden konnte; in der Regel wurde sie so gewählt, dass sie etwas vor den Zeitpunkt des zu registrirenden Reizes fiel. Dieser bestand wieder in einer Reihe von Versuchen in einem Glocken- schlag, in einer andern in einem Inductionsfunken. Stets war der störende Klang bedeutend schwächer als der Haupteindruck. War hierdurch der letztere bevorzugt, so war dies aber wieder dadurch einigermaassen aus- geglichen, dass der Slimmgabelklang vorhergieng. So kam es, dass in einer grösseren Reihe von Versuchen mit gleicher Zeitanordnung immer drei Fälle zu unterscheiden waren: 4) solche weder störende Klang vor dem Haupt- eindruck gehört wurde, 2) solche wo er gleichzeitig mit demselben und 3) solche wo er nachher gehört wurde. Natürlich muss, wenn diese drei Fälle neben einander sollen eintreten können, der Zeitunterschied der beiden Eindrücke unterhalb einer gewissen Grenze bleiben. Hier aber liegt schon in der Beobachtuflg selbst, dass sich bei gleichbleibendem Zeitverhältniss der objecliven Reize die zeitliche Auffassung derselben verschieben kann, ein bemerkenswerthes Resultat. Diese Beobachtung zeigt nämlich, dass die Succession unserer Sinneswahrnehmungen nicht einmal ihrer Richtung nach mit der Succession der Sinnezreize übereinstimmen muss, sondern dass ein in Wirklichkeit nachfolgender Eindruck möglicher Weise anticipirt werden kann. Die Selbstbeobachtung lässt den Ursprung dieser Täuschungen nicht zweifelhaft: sie beruhen auf der wechselnden Spannung der Aufmerksamkeit. i) Vergl. S. 721 f.