Das Kleinhirn : neue Studien zur normalen und pathologischen Physiologie / von Luigi Luciani ; deutsche Ausgabe besorgt von M.O. Fraenkel.

  • Luciani, Luigi, 1840-1919.
Date:
1893
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Credit: Das Kleinhirn : neue Studien zur normalen und pathologischen Physiologie / von Luigi Luciani ; deutsche Ausgabe besorgt von M.O. Fraenkel. Source: Wellcome Collection.

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    halten und beim Gehen das Fallen zu hindern yermocht hatten) — und die cerehellaren Ausfallsersclicininujm in ihrer ganzen Wucht wieder erstehen zu lassen. Dieses sehr wichtige Ergebnis des Experimentes, wodurch die Auf- gabe der Trennung des FuuldioiisauNfaììes von den i;ompensatorisc]i.en Yor- gängen bei Tieren ohne Kleinhirn bestens gelöst wird, erleichtert uns be- deutend unsere schAvierigste Aufgabe, die verschiedene Natur jener Yer- hältnisse zu bestimmen. Im allgemeinen können wir ohne weiteres behaupten, der Fimktions- ausfall äussere sich ivesentUcli als Mangel an Energie des enthirnten Tieres bei willkürlichen Bewegungen, als fehlender MuskeUonus und als abnormer Modus der Muskelkontraktionen, während .der Kompensationsvorgang wesentlich besteht in der ungewöhnlichen Forni der tvillkürlichen Bewegungen, d. h. so viel wie un- gewöhnlich in Mass und Richtung der Bewegungen. Es genügt die einfache Beschreibung des Symptomenkompleses der Ataxia cerebellaris, um diesen Sätzen den klaren und einleuchtenden Aus- druck eines Postulates zu verschaffen. Man kann zwei extreintyjnsche Formen von Ataxia cerebellaris unter- scheiden. Die eine tritt nach Exstirpation einer ganzen Seitenhälfte des Kleinhirns ein, die andere nach vollständiger bilateraler Exstirpation. Die erstere Form ist, wie wir in dem sechsten und siebenten Kapitel sahen, von ganz besonderer Wichtigkeit, weil sie, durch das Yergieichen der Muskelthätigkeit der beiden Körperhälften des Tieres miteinander, die Er- kenntnis der Symptome des Kleinhirnausfalles bedeutend erleichtert und die Lösung der Frage nach deren Wesen vereinfacht. Wir wollen sie da- her mit der Sorgfalt, die sie verdient, näher betrachten. Haben die Eeizerscheinungen (die gewöhnlich nur wenige Tage dauern) aufgehört, so zeigt sich der Hund, dem das halbe Kleinhirn ge- nommen ist, dermassen schwach auf den Beinen der operierten Seite, be- sonders auf dem Hinterbein, dass man ihn beim ersten Erblicken mit einem hemiplegischen verwechseln kann. Er ist nicht im stände, sich aufzurichten und zu gehen. Um sich von einer Stelle ziu- anderen zu begeben, muss er auf allen vieren sich schleppen, mit der Hinterbacke der operierten Seite rutschen und zwar unter hauptsächlichster Anstrengung der Beine der gesunden Seite. Dieser Zustand des Unvermögens zum Auù'echtstehen und Umhergehen kann sich über vier Wochen hinausziehen. Dafür, dass derselbe ledigKch von Schwäche der Beine der operierten Seite abhängt, die das Tier nicht richtig auf den Boden aufzusetzen und sich daher nicht kräftig aufzulichten vermag, ohne unter der Last des Körpers zusammen- zusinken, — dafür spricht insbesondere der Umstand, dass das Tier zu der- selben Zeit nicht nur aufrecht stehen, sondern auch regelmässige Schritte mit vollkommener Koordination der Bewegungen aller vier Beine machen kann — sobald es nur Gelegenheit findet, die operierte Seite gegen eine Mauer zu stützen.