Die Melancholie : eine klinische Studie / von R. von Krafft-Ebing.

  • Krafft-Ebing, R. von (Richard), 1840-1902.
Date:
1874
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Credit: Die Melancholie : eine klinische Studie / von R. von Krafft-Ebing. Source: Wellcome Collection.

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    sei unterworfen. In seinem schmerzlichen Bewusstseins¬ zustand muss die Aussenwelt dem Kranken ebenso trüb, verändert Vorkommen, wie der Spiegel derselben, sein Selbstbewusstsein sie aufnimmt. Diese psychische Dys- ästhesie ist eine weitere und ergiebige Quelle von psy¬ chischem Schmerz. Die schmerzliche Apperception der Aussenwelt äussert sich klinisch anfangs mehr in pas¬ siver Weise dadurch, dass der Kranke sich von ihr zu¬ rückzieht, weit- und menschenscheu wird, später activ, indem er sie feindlich angreift, wobei sich die Reaktion gegen Personen wie Sachen kehren kann. Zu diesen Quel¬ len des psychischen Schmerzes kommt als weitere die Wahr¬ nehmung des Kranken, dass er sich der über ihn herein¬ gebrochenen Yerstimmung in keiner Weise mehr entziehen kann. Wir können dieses Moment, zu dem sich bald be¬ sonders lästige, peinliche Gefühle von Hemmung des Yor- stellens und Wollens gesellen, als Gefühl derUeberwäl- tigung bezeichnen. Besonders quälend ist endlich die Wahrnehmung des Kranken, dass sich mit seinen Apperceptionen nicht mehr die gewohnten Gefühle der Lust oder Unlust verbinden, dass damit alle seine Beziehungen zur Aussenwelt andere oder unmöglich geworden sind, dass er gefühllos, gemüth- los geworden ist, sich über Nichts mehr freuen, aber auch über Nichts mehr betrüben kann. Diese psychische Anästhesie ist eine mächtige Quelle der Yerstimmung und kann den psychischen Schmerz bis zum Unerträglichen, bis zur Yerzweifiung steigern. Durch das schmerzliche Bewusstwerden des Defekts wird sie zur Anaesthesia dolorosa. Dass der Kranke sich über Nichts mehr freuen kann, hat einfach seinen Grund darin, dass er vermöge der Störung seines psychischen Apparats nur noch Gefühle der Unlust produciren kann; dass er sich über nichts mehr zu betrüben vermag, kommt daher, dass der Kranke sub-