Familienforschung und Vererbungslehre / von Robert Sommer.

  • Sommer, Robert, 1864-1937
Date:
1907
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Credit: Familienforschung und Vererbungslehre / von Robert Sommer. Source: Wellcome Collection.

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    nungen im eigentlichen Sinne des Wortes, da sie als krankhafte Aus- wüchse am Stammbaume, als endogene Variationen patholo- gischer Art erscheinen. Allerdings ist auch bei den scheinbar rein durch äußere (exogene) Ursachen bedingten Störungen, besonders bei den alkoholischen, ein endogenes Moment oft deutlich erkennbar. Eine große Menge von Alkoholisten ist mit psychopathischen und nervösen Störungen behaftet, die zwar durch den Alkohol gesteigert, aber im Grunde die eigentliche Ursache des Alkoholismus sind. Am ehesten ist dieses Verhältnis in bezug auf die periodischen Trinker erkannt worden, als deren Grundleiden eine mehr oder weniger deutliche epileptische Verstimmung von intermittierendem Verlauf erscheint. Aber auch in sonstigen Formen des Alkoholismus läßt sich die von vornherein vorhandene psychopathische Beschaffenheit oft deutlich erkennen. Meist sind es nervöse Grundleiden, die unter dem Einfluß eines alkoholfreundlichen Milieus zum Mißbrauch alkoholischer Getränke führen. Ferner zeigt sich bei vielen Alkoholisten ein angeborener Zu- stand von Willensschwäche, der diese Leute auch nach langer und ohne Schwierigkeit in der Anstalt durchgeführten Abstinenz nach der Entlassung sofort wieder rückfällig macht. Gerade bei diesen Fällen, die eine Abart des angeborenen Schwachsinnes darstellen, ist die Aussicht auf Besserung eine sehr geringe, solange in der mensch- lichen Gesellschaft die Trinksitten zwingend auf dieselben wirken. Jedenfalls ist ersichtlich, daß im Gebiet des Alkoholismus neben den äußeren Momenten der Volksgewohnheit, des Trinkzwanges usw. sehr wesentlich die inneren Momente der ererbten Anlage bedeutend mitwirken. Beide Ursachen steigern sich gegenseitig in der Richtung der Degeneration. Der Kampf gegen den Alkoholismus ist dem- nach zwar ein sehr wichtiges, aber durchaus nicht das einzige Mittel der Regeneration neben denjenigen, welche auf die Verbesserung der endogenen Variation gerichtet sind. Vielleicht spielt das Moment der ererbten Anlage auch bei anderen Krankheiten, die scheinbar lediglich durch äußere Ursachen bedingt sind, eine größere Rolle, als man zunächst denken sollte, z. B. bei den paralytischen Hirnkrankheiten, deren ursächliche Beziehung zur syphilitischen Infektion nicht bezweifelt werden kann. Es erkranken nämlich nicht alle syphilitisch Gewordenen an Paralyse. Es ist also denkbar, daß zum Ausbruch dieser außer einer solchen Infektion noch eine besondere Anlage gehört, die im nerven- pathologischen Sinne eine Abart hereditärer Belastung darstellt. Hier-