Lehrbuch der Pathologie des Stoffwechsels : für Aerzte und Studirende / von Carl von Noorden.

  • Noorden, Carl von, 1858-1944.
Date:
1893
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Lehrbuch der Pathologie des Stoffwechsels : für Aerzte und Studirende / von Carl von Noorden. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by The University of Leeds Library. The original may be consulted at The University of Leeds Library.

    489/514 (page 471)
    Hieraus wurde wahrscheinlich, dass die Quelle der Homogentisin- säure das aus Eiweiss im Darm abgesprengte Tyrosinmolekül sei (S. 5). Die Umlagerung setzt eine Combination von gleichzeitig, an demselben Tyrosinmolekül ablaufenden Reductions- und Oxydationsprocessen vor- aus, wie sie bei den durch Hefen bewirkten Fermentationen bekannt ist. Baumann und Wolkow (1) lehnen mit guten Gründen die An- nahme ab, dass der menschliche Stoffwechsel je Homogentisinsäure aus Tyrosin bilden könne. Man habe unbedingt auf Mikroorganismen zu- rückzugreifen, welche im Darm die Umwandlung vollziehen. Diese Bakterien kommen im Darm des Menschen gewöhnlich nicht vor; die normalen Darmbakterien bilden vielmehr nur Substanzen der Phenol- gruppe aus Tyrosin (S. 64). Es müsse sich um Infection des Darms mit specifischen, bis jetzt freilich unbekannten Mikroorganismen handeln. Die charakteristischen Stoffwechselvorgänge, welche die Alkapto- nurie veranlassen, spielen sich also nicht im Zellverbande des Körpers ab, sondern ausserhalb desselben, vor den Pforten der aufsaugenden Darmwände. Der menschliche Organismus ist nur insofern betheiligt, als er das specifische Product des bakteriellen Stoffwechsels resorbirt und mit dem Harn ausscheidet. Irgend welcher Schaden erwächst dem Körper aus dem Kreislauf der Homogentisinsäure nicht. 2. Diaminurie und Cystinurie. Aehnlich wie die Alkaptonurie hat Baumann das Auftreten von Diaminen im Harn auf bakterielle Umsetzungen im Darmcanal zurück- geführt. Diamine kommen im normalen Harn nicht vor. (L. Brieger, Baumann und Udranszky, Stadthagen, Stadthagen und L. Brie- ger) (6). Sie wurden zuerst von Baumann und Udranszky aus dem Harn eines Kranken gewonnen, welcher an Blasenkatarrh und Cysti- nurie litt (6). Es handelte sich um Cadaverin (Pentamethylendiamin), Putrescin (Tetramethylendiamin) und ein dem Cadaverin isomeres Dia- min (Neuridin oder Saprin). Die Diamine sind Fäulnissproducte der Albuminate (L. Brieger) (6); man weiss, dass einzelne bestimmte Bakterien sie bilden, andere nicht. Unter den pathogenen Mikroorga- nismen sind es die Cholerabacillen und der von Finkler-Prior ent- deckte Vibrio (L. Brieger). Man darf es als wahrscheinlich bezeich- nen, dass sie dementsprechend im Harn der Cholerakranken zu finden sind. Untersuchungen liegen nicht vor, dagegen wurde schon an an- derer Stelle erwähnt (S. 250), dass Roos ihnen bei 2 Kranken mit schwerer Gastroenteritis im Urin begegnete. Sie waren offenbar im Darm gebildet und von dort aus resorbirt. Von hervorragendem Interesse sind nun die Beziehungen der Dia- mine zur Cystinurie. Udranszky und Baumann fanden zuerst bei dieser Krankheit gleichzeitige Diaminurie (s. oben). Stadthagen und