Diagnostik der Krankheiten des Nervensystems : eine Anleitung zur Untersuchung Nervenkranker / von A. Goldscheider.

  • Goldscheider, Alfred, 1858-1935.
Date:
1903
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Diagnostik der Krankheiten des Nervensystems : eine Anleitung zur Untersuchung Nervenkranker / von A. Goldscheider. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by the Francis A. Countway Library of Medicine, through the Medical Heritage Library. The original may be consulted at the Francis A. Countway Library of Medicine, Harvard Medical School.

    30/286 (page 18)
    Beuge-, Streck- ii. s. w. Bewegungen ausführt. Je fester man um- fasst, desto mehr entspannen sich die Muskeln des Untersuchten, weil das Glied weniger der aktiven Haltung bedarf. Rigiditäten treten vielfach erst bei schnellerem Tempo der passiven Bewegung oder sobald man sich der Endstellung (bei Beugung oder Streckung) nähert hervor. Man muss darauf achten, ob etwaige Spannungen der Muskulatur vielleicht willkürlich vom Kranken hervorgebracht sind. Ist dies der Fall, so führt meist Zureden und Ablenkung der Auf- merksamkeit zum Ziele. Auch mit dem Kopf nehme man in gewissen Fällen passive Bewegungen vor, speciell die Nick-Bewegung, um das wichtige Symptom der Nackeustarre festzustellen. Kann eine aufgetragene aktive Bewegung nicht ausgeführt werden, so ist zunächst festzustellen, ob dies etwa durch anatomische Ver- änderungen der Gelenke bez. Contractur bedingt ist, was da- durch geschieht, dass man die Bewegung passiv auszuführen versucht. In vielen Fällen ist dies sehr einfach, in anderen entsteht bei unge- nügender Aufmerksamkeit leicht eine fehlerhafte Beurtheilung; so z. B. kann bei Ankylose im Schultergelenk der Arm nur bis zu einer gewissen Höhe erhoben werden, mittelst Drehung der Sca- pula, so dass zunächst der Eindruck einer Muskellähmung hervor- gerufen wird. Bei anscheinender Muskelsclnväche trotz sichtbar guter aktiver Contraction der Muskeln ist darauf zu achten, ob etwa durch gleich- zeitige, sei es beabsichtigte, sei es unbeabsichtigte Zusammenziehung antagonistischer Muskeln der Bewegungs-Effekt paralysirt wird. d) Complicirtere usuelle Bewegungen (Prüfung der Coordination). Gleichgewichtserhaltuug. Sind die Störungen derselben sehr bedeutend, so zeigt der Kranke schon beim blossen Stehen oder Sitzen Schwankungen. Geringere Störungen treten erst hervor, wenn man die Gleichgewichts-Bedingungen erschwert. Dies geschieht da- durch, dass man dem Stehenden die Augen schliessen und seine Füsse so zusammenstellen lässt, dass die Innenränder sich berühren. Hierbei zeigt der Gesunde nur ein sehr geringes langsames Oscilliren um die mittlere Gleichgewichtshaltung. Eine schwierigere Aufgabe für das Balancement ist es, mit hintereinander gestellten Füssen zu stehen. Im Sitzen führt man die Prüfung so aus, dass man die Augen schliessen und eventuell die Füsse vom Boden abheben lässt. Sowohl im Stehen wie im Sitzen kann man die Bedingungen noch dadurch erschweren, dass man die Arme nach vorn oder zur Seite strecken lässt und den Kopf nach der Seite neigt, nach vorn oder hinten beugt oder dreht beziehungsweise derartige Kopfbewegungen durch den Kranken aktiv vornehmen lässt. Dieser von mir ver- wendete Kunstgriff empfiehlt sich, um Spuren einer patholo- gischen Gleichgewichtsstörung zu manifestiren. Am besten ist es, wenn man die Arme in eine möglichst unsymmetrische Lage bringt. Die Schiefstellung des Kopfes erschwert bekanntlich die Orien- tirung im Raum und damit auch die Gieichgewichtserhaltung. Bei gewissen Hirn-(Kleinhirn-) Affektionen besteht die Neigung, nach