Ueber die Grenze des thierischen und pflanzlichen Lebens / von C. Claus.

  • Claus, Carl, 1835-1899.
Date:
1863
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Credit: Ueber die Grenze des thierischen und pflanzlichen Lebens / von C. Claus. Source: Wellcome Collection.

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    Mehrzelligkeit oder Einzelligkeit ein entscheidendes Urtkeil zu fällen, und wenn die Leibesmasse der grossem vielkammerigen Formen die Wahrscheinlichkeit einer vielzelligen Zusammensetzung für sich hat, so gibt es doch eine Anzahl von Rhi- zopoden, welche mit grösserem Rechte der einfachen Zelle zu entsprechen scheinen. Ohne die Amoeben heranzuziehn, welche nach den Uber die Myxomyceten bekannt gewordenen Thatsachen dem Entwickelungscyclus niederer Pflanzen angehören können, führe ich die Difflugien und Arcellen als derartige Beispiele an. Allerdings können wir auch diese Organismen, deren Kenntniss keineswegs zu einem genü- genden Abschlüsse gelangt ist, nur mit grosser Vorsicht im oben gedeuteten Sinne verwerthen, allein wenn auch die vielzellige Struktur ihres Leibes vertheidigt oder wahrscheinlich gemacht werden sollte, so wird man gegen die Auffassung Gegen- baur’s die colossalen Amöben aus der Entwicklung der Myxomyceten und die rami- cifirten den spätem Fruchtkörper erzeugenden Sarcode-Stränge dieser Schleimpilze zum Beweise hervorheben, dass auch pflanzliche Zustände ähnlich wie die Rhizo- podenkörper der Polythalamien einem Zellcomplexe entsprechen können, deren Ele- mente ohne ihre Selbstständigkeit zu bewahren innig mit einander verschmolzen sind. Wollten wir in der mehrzelligen Natur der einfachsten Substanz das Criterium des tkierischen Lebens erkennen, so müssten wir diese pflanzlichen Zustände vielleicht mit noch grösserem Rechte als manche Rhizopoden Thiere nennen. Andererseits aber würden nach jenem Differenzialcharakter die Spongien als Aggregate von selbst- ständigen amöbenartigen Zellen zu den Pflanzen zu stellen sein, obwohl sie die Gesammtheit ihrer Erscheinungen und Lebensvorgänge den Thieren näher führt. Der Unterschied der Einzelligkeit und Vielzelligkeit, so einfach und durch- greifend derselbe nach dem Gegensätze der hohem thierischen und pflanzlichen Gewebe erscheinen möchte, findet aber ferner auf eine ganze Reihe von niedern Organismen überhaupt keine Anwendung. Ueber die Natur der Cydidinen und Peridinien, welche von einigen Forschern für Thiere, von andern für Pflanzen gehalten werden, gewinnen wir aus dem genannten Criterium nicht den ent- ferntesten Anhaltspunkt. Endlich ist nicht einzusehen, in welchem Zusammen- hänge das Wesen der thierischen Natur, der Besitz von Empfindung und will- kürlichen Bewegung, aus dem als Criterium benutzten Charakter der Vielzellig- keit resultiren soll; nur dann, wenn wir eine dem Wesen der animalen und vegetabilen Natur entlehnte Grenzmarke finden, führen wir eine natürliche Trennung-, in jedem andern Falle dagegen eine einseitige und künstliche Ab- grenzung aus, mit jenem Differenzialcharakter aber gelangen wir nicht einmal praktisch zum Ziele einer künstlichen Grenzbestimmung.