Volume 3

Lehrbuch der Gehirnkrankheiten für Aerzte und Studirende / von C. Wernicke.

Date:
1881-1883
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Credit: Lehrbuch der Gehirnkrankheiten für Aerzte und Studirende / von C. Wernicke. Source: Wellcome Collection.

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    K zweiten Falle mit ähnlichen Gehirnerscheinungen war zur Zeit der Mit- 1 theilung ebenfalls unter derselben Behandlung erhebliche Besserung ein- I getreten. Zur Erklärung dieser Wirksamkeit, welche dem Jodkalium die erste Stelle bei der Behandlung der Tumoren sichert, hat man in Betracht zu ziehen, dass ein grosser Iheil der Symptome von Seiten der Tumoren und oft die allerbeschwerlichsten nicht direct durch die Anwesenheit des Tumors verursacht sind, sondern durch die Folgezustände in näherer und entfernterer Umgebung desselben. Diese Folgezustände, wie Erweichungen, Oedeme, der Hydrocephalus internus u. dergl. m., scheinen durch das Jodkalium entschieden günstig beeinflusst zu werden. Es ist daher gerechtfertigt, das Jodkalium auch dann zu geben, wenn der Tumor an sich einer Therapie unzugänglich ist, wie z. B. bei Cystentumoren, Carcinomen - u. dergl. m. Abgesehen davon ist bekannt, dass maligne Tumoren aller Art in anderen Körperorganen durch sehr grosse und conse- cpient fortgesetzte Gaben von Jodkalium zum Schwinden gebracht werden können, Fälle der Art sind von Esmarch*) mitgetheilt worden. Unter denselben Verhältnissen hat sich das Arsenik in grossen und lange fortgesetzten Dosen bisweilen wirksam gezeigt, man wird es also, wo das Jodkalium im Stich lässt, auch damit ver- suchen müssen. An operative Eingriffe wird man unter folgenden Umständen denken können: 1) Zur Beseitigung des Tumors, wenn entweder das Schädel- dach durch den Tumor perforirt ist, oder sonst unzweifelhafte Er- scheinungen darthun, dass der Tumor an einer bestimmten zugäng- lichen Stelle der Gehirnoberfläche sitzt. Ein Noli me tangere dürfte in jedem Falle die hintere Schädelgrube bleiben, dagegen dürfte die Orbitalfläche der Stirnlappen unter Umständen von der Augenhöhle aus zugänglich sein. Ist es gelungen, die Diagnose des Ortes mit aller Sicherheit festzustellen und ist die interne Medication erfolglos geblieben, so wird sich gegen den Versuch, den Tumor zu entfernen, kaum ein rationelles Bedenken geltend machen lassen, besonders da die Trepanation an sich als ein ver- *) Areh. f. klin. Chir. XXII. S. 437 ff.