Die allgemeine chirurgische Pathologie und Therapie : in fünfzig Vorlesungen : ein Handbuch für Studirende und Aerzte / von Theodor Billroth.

  • Billroth Theodor, 1829-1894.
Date:
1863
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Credit: Die allgemeine chirurgische Pathologie und Therapie : in fünfzig Vorlesungen : ein Handbuch für Studirende und Aerzte / von Theodor Billroth. Source: Wellcome Collection.

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    grösser ein Tumor war, je merkwürdiger er aussah, um so mehr interessirte man sich dafür, ein Zeichen, dass dieser Zweig der Pathologie noch ganz auf dem naiven Standpunkt sieh befand. — Eine Aenderung dieses Zu- standes trat erst mit dem Aufblühen der pathologischen Anatomie ein, als deren glänzendste Vertreter Cruveilhier und Rokitansky zu be- trachten sind; man fing wenigstens von anatomischer Seite her die Ge- schwülste in ihrem Aussehen, ihrem Verhältniss zum umliegenden Gewebe, genauer zu scheiden und zu sondern. Dennoch blieb eine Unsicherheit für alle diejenigen Geschwülste, bei denen mau mit freiem Auge keines der bekannten Gewebe wiederfand. — Die allgemeine Anatomie hatte unter- dessen einen bedeutenden Aufschwung genommen, zumal durch Bichat; eine positive Grundlage, ein Princip für die Histologie wurde durch das berühmte Werk von Schwann erst geschaffen. Schwann zeigte, dass alle Gewebe, so verschiedenartig sie seien, aus Zellen hervorgingen; er präcisirte den Begriff der Zelle, die er aus einem amorphen Blastem durch einen dem Krystallisationsprocess ähnlichen Vorgang entstehen liess. So vielfache Modificationen diese Schwann'sche Zellentheorie in der Folge erlitten hat, so ist sie doch anerkannter Maassen das Fundament der Histologie überhaupt, sowohl der normalen als der pathologischen geworden. Ein mehr zufälliger Umstand führte den grossen Physiologen Johannes Müller auf das Gebiet der pathologischen Histologie, und Hess ihn zum Gründer auch dieses wie manches anderen Zweiges anatomischer und physiologischer Wissenschaften werden, wie er denn in allen Dingen, die er angriff, Licht schaffte. Als er bei der Uebernahme der grossen anatomischen Sammlung zu Berlin auch an die Ordnung des pathologischen Theiles kam und eine ziemlich grosse Menge verschiedenartiger Geschwülste durcheinander und höchst willkürlich etikettirt fand, unterwarf er die Ge- schwülste durchgehends einer mikroskopischen und chemischen Untersuchung. Er fand zum Theil die normalen Gewebe wieder und wies nach, dass dieselben auch hier aus Zellen hervorgingen. Man hat vor Müller wohl von knorpligen Geschwülsten gesprochen, doch dabei nur die knorplige Consistenz im Sinne gehabt; Müller zeigte, dass es Geschwülste gebe, die in der That das schönste Knorpelgewebe zeigten, er taufte sie Enchondrom, wies auch in ihnen oder vielmehr zuerst in ihnen den vom Colla abweichenden Leim, das Chondrin, nach. So war nun die mikroskopische Untersuchung als Princip für die Unterscheidung der Geschwülste gewonnen, es handelte sich fortan nicht mehr darum, ob eine Geschwulst dem Faser- oder Knorpelgewebe ähnlich sei, sondern ob es wirklich Bindegewebe oder Knorpel sei. Die Arbeit von MüJler blieb aus verschiedenen Gründen unvollendet; die damalige Technik in der Mikroskopie war in der That auch noch nicht ausreichend genug, um die vielen vorwiegend aus