Die Entstehungsursachen der Gelsenkirchener Typhusepidemie von 1901 : auf Grund der für die Verhandlungen des Gelsenkirchener Prozesses erstatteten Sachverständigen-Gutachten dargestellt / von Rudolf Emmerich und Friedrich Wolter.

  • Emmerich, Rudolf, 1852-1914.
Date:
1909-1910
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Credit: Die Entstehungsursachen der Gelsenkirchener Typhusepidemie von 1901 : auf Grund der für die Verhandlungen des Gelsenkirchener Prozesses erstatteten Sachverständigen-Gutachten dargestellt / von Rudolf Emmerich und Friedrich Wolter. Source: Wellcome Collection.

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    geringsten Anzeichen von Krankheit in der ersten Zeit sein nenes Dienstpersonal sofort nach Hause schici<t, um Weiterungen zu entgehen. Das Vorkommen solcher Typhushäuser, welches nach Frosch, vom bakteriologischen Standpunkte aus betrachtet, „eine immer noch rätselhafte Tatsache ist, ist vom lokalistischen Standpunkte daraus zu erklären, daü der verunreinigte Untergrund solcher Häuser seinen Einfluß hinsichtlich der Typhusentstehung durch die Bodenluft resp. die Bodengase ausübt.' Es sei uns gestattet, in dieser Beziehung zwei besonders lehrreiche Beispiele aus der Literatur anzuführen: Zunächst eine Mitteilung von Buttbr- aus dem Jahre 1883. Auf einem Gute sind innerhalb fünf Jahren 20 Personen an Typhus erkrankt, von ihnen sind vier ge- storben; zuletzt erkrankten alle neu zuziehenden Personen, trotzdem schon im ersten Jahre die ausgedehntesten „Desinfektions- und sonstigen Vorsichtsmaßregeln getroffen waren, obwohl im nächsten Jahre ferner beide Brunnen des Gutes geschlossen wurden. Erst als „Wohn- und Schlafstube nach Aushebung und Entfernung des verunreinigten Untergrundes und Ersetzung desselben durch reines Material mit einem festen Tannenboden mittels Lehmstriches und neuer Dielung, die innere Seite der Umfassungsmauern aber bis zu einem Meter Tiefe mit einer starken Zementschicht versehen worden waren, traten, wie Butter zwei Jahre später berichtete, keine Typhuserkrankungen mehr auf. Einen anderen, geradezu klassischen Fall teilt Geheimrat Dr. Richter in Dessau mit in der „Zeitschrift für Medizinalbeamte (Nr. 4, 1904, S. 844): „In dem alten Krankenhause in der Stadt D., das im Sommer 1890 verkauft wurde, hatten seit Jahren Typhuskranke Auf- nahme gefunden, auch war im Jahre 1883 oder 1884 unter dem Pflegepersonal eine Haus- epidemie aufgetreten. Nach dem Verkauf an einen Privatmann hatte ich in meiner damaligen Eigenschaft als Kreisphysikus an entsprechender Stelle beantragt, das Haus nicht eher beziehen zu lassen, bis sämtliche Räume zu ebener Erde, in welchen einmal Typhuskranke gelegen hatten, 1 m tief ausgeschachtet und mit Flußsand wieder angefüllt wären. Der Antrag hatte Erfolg und es wurde demgemäß gehandelt. Nur bei einem Räume, in welchem in den letzten Jahren angeblich Typhuskranke nicht gelegen haben sollten, hatte der neue Besitzer die Aus- schachtung und Anfüllung mit Sand unterlassen. ^ Zwei der im Oktober 1890 in dies Zimmer eingezogenen Mieter bekamen im November den Typhus ohne anderweitige nachweis- bare Infektionsquelle. Richter führt eine ganze Reihe von solchen Typhushäusern an, wo nach kürzerer oder längerer Zeit (2 -20 Jahren) immer wieder Typhusfälle aufgetreten sind, und weist zugleich darauf hin, wie wenig die genesenen Bazillenträger geeignet erscheinen, diese in jahre- langen Zwischenräumen in demselben Hause auftretenden Typhusfälle zu erklären, indem sie durch ihre Ausleerungen, Kot und Urin, Typhuskeime auf ihre Umgebung übertrügen. Wie wenig die genesenen Bazillenträger in der Tat geeignet erscheinen, das in jahre- langen Zwischenräumen immer wiederholte Auftreten von Typhusfällen in solchen Typhus- häusern zu erklären, ergibt sich aus den neuesten Ergebnissen der bakteriologischen Typhus- forschung, wie sie in der schon oben zitierten Arbeit von Herbert und in einer Arbeit von V. Drigalski vorliegen. In seiner aus dem bakteriologischen Laboratorium des Königl. württembergischen Medizinalkollegiums hervorgegangenen Arbeit „Über das Vorkommen von Typhusbazillen in den Fäces und dem Urin von Typhusrekonvaleszenten faßt Oberarzt Dr. Herbert die Ergebnisse seiner zahlreichen Untersuchungen dahin zusammen: ' Als eine Eigentümlichkeit der Wohnungsverhiiltnisse im Epidemiegebiete wurde in der Juliverliandlung des Prozesses erwähnt, daß die oberen Stockwerke gegen die unteren nicht abgeschlossen wären, sondern gewöhnlich frei mit ihnen kommunizierten; Bodengase können also aus den unteren Stockwerken leicht in die oberen diffundieren und sich dort ansammeln. Aus diesen Verhältnissen dürfte sich das von SPRINGFELD (S. 50) erwähnte stärkere Befallensein der oberen Stockwerke (ca. G0/„ nach Schätzung der Kreisärzte) gegenüber den unteren (ca. 40/,) erklären. - BUTTER, „Die Typhusepideniie im A.sehen Gute zu Hohburg. IS74 1879. - Vicrtcliahrsschrift l'iir gerichtliche Mediiin, ISS,?, S. 2SS. 14