Zur Morphologie der Muskulatur bei Defektbildungen an Extremitäten des Menschen : unter Berücksichtigung der bei der Polydaktylie auftretenden Muskelvariierungen / von Ludwig Keck.

  • Keck, Ludwig.
Date:
1914
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Credit: Zur Morphologie der Muskulatur bei Defektbildungen an Extremitäten des Menschen : unter Berücksichtigung der bei der Polydaktylie auftretenden Muskelvariierungen / von Ludwig Keck. Source: Wellcome Collection.

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    vielen Fällen mehr oder weniger fixiert ist1). Es soll damit nicht gesagt sein, daß nun immer bei Skeletdefekten oder Skeletveränderungen der zuletzt besprochenen Art sich auch Muskeldefekte einstellen müssen. Vielmehr kann durch die Insertionsverschiebung der Einfluß der Skelet- anomalie (z. B. des Skeletdefckts) auf den dauernden Bestand der zu- gehörigen Muskelindividuen weitgehend kompensiert werden. Besonders deutlich ist dies bei dem von mir beschriebenen Fall von Spaltbildung, in welchem zwar erhebliche Defekte im Fußskelet bestehen und doch sämt- liche Muskeln (abgesehen vielleicht vom Ext. hall, long.) z. T. mit ver- änderter Insertion erhalten sind. Die sekundäre Atrophie des Muskels nach Skeletdefekt ist, wie wir später sehen werden, auch bei den Radius- defekten eine außerordentlich häufige Erscheinung. Hier kommen wir noch zu einem sehr wesentlichen allgemeineren Moment, das uns ebenfalls zu der Annahme einer sekundären Atrophie führt, nämlich zu der Tatsache, daß die Defekte nicht Muskeln betreffen, die in einer bestimmten topographischen Beziehung zum verlorenen Skelet- teil, der Tibia, gestanden haben, sondern hinsichtlich ihrer Funktion einheitlich zu werten sind, nämlich die Pronatoren: Tib. ant., Flex. hall, long., Tib. post, und der Ext. hall. long. Des- halb ist auch die Annahme eines direkten Zusammenhangs zwischen Muskel- und Skeletdefekt ausgeschlossen. An sich werden wir damit rechnen müssen, daß Muskeldefekte von vornherein durch Anlagedefekte bedingt sein können. Wir werden aber darin, daß in vielen Fällen die gesamte Muskulatur erhalten ist, etwas Prinzipielles sehen und nach dem soeben Angeführten das wechselnde Fehlen einzelner Muskeln beim Tibiadefekt nur in den wenigsten Fällen in das Gebiet der selbständigen Variation der Muskel- anlage verweisen dürfen. Dazu kommt noch, daß auch normalerweise in der Unterschenkelmuskulatur viel seltener Muskeldefekte in Er- scheinung treten, als dies z. B. am Vorderarm der Fall ist. Wh werden später bei Betrachtung des Radiusdefekts dieser Erscheinung Rechnung tragen müssen. Wenn wir schließlich die in der Muskulatur bei dem Tibiadefekt auftretenden Veränderungen nochmals kurz charakterisieren wollen, so tritt als wichtigstes Merkmal die Tatsache in den Vordergrund, *) Die Supinatoren sind in fixierter Hyperpronationsstellung des Fußes ex- tendiert und deshalb funktionell günstiger gestellt als die Pronatoren. Ich vermute, daß darauf die allgemein zu beobachtende Tatsache, daß gerade die Pronatoren des Fußes defekt sind, zurückzuführen ist.