Milzbrand und Rauschbrand / bearbeitet von Wilhelm Koch.

Koch, Wilhelm.

Date:: 1886

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Credit: Milzbrand und Rauschbrand / bearbeitet von Wilhelm Koch. Source: Wellcome Collection.

178/192 (page 148)

Capitel IX. Zur Symptomatologie. §. 22. Locale und allgemeine Störungen. Die Franzosen, unzweifelhaft die besten Kenner der Krankheit und die eifrigsten Vertreter der Specifität derselben, nehmen für die Gangräne foudro- yante auch einen ganz besonderen Symptomencomplex in Anspruch. — Jubin [33] und Molli^re [39, 42] beschreiben ihn am Genauesten, geben nicht viel auf Prodrome, weisen dagegen auf den Schmerz in der Wunde als das erste wichtige Phänomen der Krankheit hin. Meistens ist er sehr lebhaft und von stärkerer Schwellung der ver- letzten Theile begleitet, welche indess anfangs noch nicht zu knistern pflegen. Gleichzeitig tritt Fieber ohne Schüttelfrost ein. Es steigt ge- wöhnlich nicht über 39 ^ C, nur ganz ausnahmsweise auf die Höhe von 40 ^ C. Auch wird das Gesicht bleich, livide, bisweilen icterisch, der Gemüthszustand erregt und ängstlich. Dazu gesellen sich Er- brechen, vor Allem aber eine ganz auffällige Kurzathmigkeit, für welche anatomische Veränderungen in der Lunge zunächst nicht auf- zufinden sind. Unterdessen hat auch die Wunde ein augenfälligeres Aussehen bekommen; sie liefert blutig-seröses Secret; die Schwellung ihrer Um- gebung greift schnell nach der Fläche und Tiefe, in der gespannten, zumeist ödematös bleichen Haut treten die Venen als rothbraune Streifen hervor, deren Umgebung allmählich mit Blutfarbstoff sich tränkt, an anderen Stellen schiessen Blasen mit hellrothem Inhalt auf. Wo man auch palpirt und percutirt, ist neben absoluter Empfindungs- losigkeit Gas nachzuweisen, welches, wenn es durch den Troicart nach aussen geleitet wurde, ohne Schwierigkeit entzündet werden kann. War bei einer Incision eine Vene eröffnet worden, so treten aus ihrem Innern bisweilen ebenfalls mit Blut gemengte Gasblasen zu Tage. Maisonneuve [16] hat das zuerst gesehen. Zwei neuere Mitthei- lungen Parisers [38] bestätigen die vielfach angezweifelte Beobach- tung und zeigen, dass das Gas auf die Wanderschaft sich begibt, 48 Stunden nach Beginn der Gangrän bis in die Herzhöhlen gekommen und dort zu grossen, die Circulation und das Leben in Frage stellen- den Blasen angesammelt sein kann. Zu ermitteln wäre also nur, wie häufig dieser Vorgang ist. Die Gerüche, welche aus der ursprünglichen Wunde und aus etwa beliebten Einschnitten sich entwickeln, sind ganz specifische; so schwer sie sich beschreiben lassen, so leicht werden sie wieder er- kannt und sichern allein die Diagnose. Während nun der emphysematöse Zustand sich verbreitet, zer- fällt die Haut an dieser und jener Stelle brandig und nimmt einen eigenthümlich bronzefarbenen, gelbbraunen, wahrscheinlich von der Zersetzung der rothen Blutkörperchen in den infiltrirten Theilen ab- hängigen Farbenton an (Erysipele bronz^, Velpe au).