Volume 2

Handbuch der praktischen Medicin / von Hermann Lebert.

Date:
1863
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Credit: Handbuch der praktischen Medicin / von Hermann Lebert. Source: Wellcome Collection.

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    und die mehrfach aufgestellte Theorie, dass die vermehrte Säure- bildung die Kalksalze aufgelöst erhalte, ist gewiss nicht stichhaltig. Interessant ist die von Broca gemachte Beobachtung, dass bei den verschiedensten Nutritionsstörungen des kindlichen Alters Rhachitis sich entwickeln könne. Erblichkeit kommt besonders bei der chro- nischen Form vor. Die zuerst beschriebene, acut genannte, ist oft Folge schlechter Ernährung und ungünstiger äusserer Verhältnisse. Unzweckmässige Ernährung begünstigt auch bei Wohlhabenden die Entwicklung der Krankheit, welche besonders der frühesten Kindheit und den ersten Lebensjahren angehört. Prognose. Diese ist im Ganzen bei der zuerst beschriebenen Form ungünstig; aber bei allen Formen, wenn sie hochgradig sind, ist langes Siechthum möglich. Auch werden die Kinder leicht das Opfer intercurrenter acuter Entzündungen, namentlich der Brust- organe. Tritt jedoch Verknöcherung der weichen Knochen ein, so kommt es in der Regel zur Heilung, welche freilich mehr oder weni- ger bedeutende Difformitäten zurücklassen kann. Behandlung. Bei der acuten Rhachitis ist vor allen Dingen diätetische Pflege, eine gehörig luft- und sonnenreiche Wohnung, Mutter- oder Ammenmilch von passender Qualität oder frische Kuh- milch allein oder mit etwas Fenchelthee gemischt, am besten. Ge- hacktes rohes Fleisch, Fleischbrühe oder Fleischthee mit und ohne Milch empfiehlt Stieb el ebenfalls. Auch Eier unter verschiedenen Formen können der Milch, der Fleischbrühe und sonst der Nahrung beigefügt werden , während die wenig nährenden mehlhaltigen Sub- stanzen zu meiden sind. Kleine Mengen eines guten alten Weines, theelöffelweise mehrmals täglich, wirken stärkend. Die Kinder sollen nicht eng eiugewickelt und nicht zu schwer zugedeckt werden. Man lasse sie nicht sitzen, noch anders als in der Rückenlage, und zwar in einem Körbchen, sorgfältig tragen. Erst bei stattfindender Con- solidation der Knochen kann man die Kinder auf den mit Decken versehenen Boden legen, damit sie ihre Muskelkraft üben. Stiebei räth beim ersten Auftreten der Verdauungsbeschwerden ein Brech- mittel aus Ipecacuanha, ferner den Gebrauch des kohlensauren Kalks, der Conchae praeparatae, der Lapides cancrorum, der Aqua calcis. Ausserdem lässt er 1—3 gr. Aloe in Kalkwasser aufgelöst oder in Fenchelwasser neben dem Kalkwasser reichen, oder auch die Tinc- tura Rhei zu 2—3 Theilen mit einem von Liquor Ammonii anisati 2stündlich zu 6—8 Tropfen. Später, bei besser werdender Verdauung, sind Eisenpräparate indicirt, nach Barez Tincturae Ferri pommati 3j, Tincturae Rhei vinosae gij 2mal täglich 25 Tropfen zu geben. Ganz vorzüglich empfohlen wird, wie hei allen Formen der Rhachitis überhaupt, wenn die Verdauung bereits normal ist, der Thran, wel- chen man allmälig von einigen Theelöffeln täglich bis auf mehrere