Zur pathologischen Anatomie der Bleilähmung / von J.N. Oeller.

  • Oeller, Johann Nepomuk, 1850-1932.
Date:
1883
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Zur pathologischen Anatomie der Bleilähmung / von J.N. Oeller. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by The Royal College of Surgeons of England. The original may be consulted at The Royal College of Surgeons of England.

    25/28 (page 25)
    Wie Erb übrigens mit Recht hervorhebt, wird das Wort „entzünd- lich“ meist als Sammelbegriff für alle möglichen Processe gebraucht. Entzündlich möchte ich in meinem Falle den Vorgang jedenfalls nicht heissen, weil eben einfach die Producte der Entzündung fehlen, ohne da- mit gesagt zu haben, dass nicht andere Fälle von Bleilähmung wirklich entzündlicher Natur sein könnten. Als das Wesen meines Falles muss ich eine einfache, nicht entzündliche Erweichung ansehen, zu der ja die Central- organe vermöge ihrer histologischen Structur ohnediess disponiren. Bedingt sind die Erweichungsherde durch die zahlreichen vorausgegangenen hämorrhagischen Herde und diese sind zurückzuführen auf circu- latorische Störungen hervorgerufen durch eine ganz zweifellos bestehende durch alle Organe des Körpers verbreitete Gefässdegeneration, durch eine Arteriosclerose, über deren Wesen ich mich an dieser Stelle nicht mehr verbreiten möchte, die aber die höchste Verwandtschaft mit der bei Mor- bus Brightii vorkommenden Arterienerkrankung zeigt, wenn sie nicht voll- ständig damit identisch ist. Können wir uns auch das Auftreten von Hämorrhagien in der grauen Substanz aus dem Ueberreichthum von Gefässen gegenüber der weissen Substanz erklären, so könnten wir uns doch nur in vagen Ver- muthungen ergehen, wollten wir vielleicht ans der höheren physiologischen Dignität des Halsmarkes und besonderen Verhältnissen des Gefässverlaufes uns gerade das Ergriffensein der mittleren Partien der Vorderhörner der Halsanschwellung erklären. — Dass übrigens das Blei ein Gefässgift ist, wie die Syphilis, wie der Alkohol ein Gefässgift ist, diese Vermuthung habe ich schon vor 2 Jahren ausgesprochen * **)) und habe auf diesen Um- stand die merkwürdige gar nicht mehr zu läugnende Disposition des Sa- turnismus zur Nephritis zurückgeführt, eine Vermuthung, für die unser gegenwärtiger Fall wieder eine schöne Illustration liefert und durch die mühsamen und exacten experimentellen Untersuchungen Rud. Maiers be- kräftigt wird, dem endlich gelang, was so vielen Experimentatoren nicht gelungen ist, eine ausgesprochene Gefässdegeneration, das Auftreten, wenn auch nur von Spuren von Eiweiss im Urin und zuweilen eine geringe Ver- kleinerung der Nieren mit leichter feiner Granulirung zu erzeugen. *) Oeller, lieber hyaline Gefässdegeneration als Ursache einer Amblyopia satumina. Virch. Archiv, 86. Bd. pag. 329. **) Rud. Maier, Experimentelle Studien über Bleivergiftung. Virch. Arch, 9t). Bd. pag. 455.