Beschreibung der Intelligenzstörungen in Folge einer Hirnverletzung : nebst einem Entwurf zu einer allgemein anwendbaren Methode der Intelligenzprüfung / von C. Rieger.

  • Rieger Conrad.
Date:
1888
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Credit: Beschreibung der Intelligenzstörungen in Folge einer Hirnverletzung : nebst einem Entwurf zu einer allgemein anwendbaren Methode der Intelligenzprüfung / von C. Rieger. Source: Wellcome Collection.

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    stellen. Bei unserem Patienten ist nun in auffallendem Gegen- sätze zu seinen verschiedenen isolirten absoluten Erinnerungs- defecten von einer solchen allgemeinen Gedächtnissstörung (für die früheren Erfahrungen überhaupt) verhältnissmässig wenig zu bemerken. Wofern es nur möglich ist, ihn durch ein der- artiges Ausfragen, dass seine Sprachstörung möglichst wenig hinderlich ist, zu examiniren, zeigt es sich bald, dass er seiner Vergangenheit sich vollständig bewusst und auch über die aus ihr in die Gegewart hereinreichenden Beziehungen klar ist. So bei verschiedenen geschäftlichen Abwicklungen, einem nöthig gewordenen Hausverkauf z. B., bei dem er, wenn auch aller da- zu nöthigen Zahlbegriffe ermangelnd und dadurch im Einzelnen freilich gewaltig gehindert, doch im Allgemeinen ein ganz energi- sches und gesundes Urtheil an den Tag legte. Er befindet sich bei solchen Anlässen einfach in der Situation eines gescheidten Mannes, der genöthigt ist mit fremdsprachigen Menschen zu ver- kehren, der dabei die Sache besser versteht als die Umgebung, aber in Folge seiner Schwierigkeit, sich auszudrücken und zu verstehen, doch einen recht hilflosen Eindruck macht. Diese Situation, die ja gewiss bei vielen Fällen von sogenannter motori- scher Aphasie gegeben ist, ist in vieler Hinsicht auch die unseres Patienten, obgleich seine Sprachstörung, wie sich nachher zeigen wird, eine ganz andere ist. Erklärt dürfte dadurch zu einem grossen Theile werden auch die, wie bei vielen anderen so bei unserem Kranken vorhandene, grosse Reizbarkeit, die sehr häufig in Zornausbrüchen sich zeigt. Es kommt hier entschieden der Aerger mit ins Spiel über die Unfähigkeit sich rasch auszu- drücken und da mitzureden, wo noch das Bewusstsein dafür besteht, dass man es früher gekonnt hat und eigentlich noch können sollte. So können wir schon an dieser Stelle, wo es sich um die Feststellung handelt, wie weit noch sein Gedächtniss er- halten ist für den Gesammtschatz seiner früheren Erlebnisse, Erfahrungen und Kenntnisse — wir können hier bestimmt an- geben, dass er in dieser allgemeinen Weise betrachtet durchaus nicht das geworden ist, was man als blödsinnig oder kindisch zu bezeichnen hätte, womit eben in der Regel eine hochgradige Verarmung des Gedächtnisses für das Vergangene, verbunden mit Urtheilsschwäche und mangelnder Ideenverknüpfung bezeich- net zu werden pflegt. Eine derartige allgemeine Veränderung ist mit dem früher sehr intelligenten und geistig geweckten