Lehrbuch der gerichtlichen Medizin : mit Berücksichtigung der deutschen, oesterreichischen und bernischen Gesetzgebungen / von Dr. Carl Emmert.

  • Emmert, Carl, 1813-
Date:
1900
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Credit: Lehrbuch der gerichtlichen Medizin : mit Berücksichtigung der deutschen, oesterreichischen und bernischen Gesetzgebungen / von Dr. Carl Emmert. Source: Wellcome Collection.

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    solchen, die später als Gerichtsärzte thätig sein wollen. Die blofse theoretische Vorlesung über gerichtliche Medizin an den Universitäten kann nicht genügen, zumal wenn sie von solchen gehalten wird, die sich mit Ausübung der gericht- lichen Medizin nicht beschäftigen und niemals beschäftigt haben. Der Unterricht mufs wesentlich auch ein praktischer sein. Wie man füi- die Zwecke der kura- tiven Medizin Kliniken und Polikliniken errichtet hat, chirurgische und geburts- hilfliche Operati onskui'se und pathologisch - anatomische Sectionskurse hält, so sollte in ähnhcher Weise ein gerichtsärztliches Praktikum eingerichtet und abgehalten werden. Es kann nicht genügen, wenn beim Secirunterricht, bei der medizinischen, chinirgischen und geburtshilflichen Klinik nebenbei auf gerichtlich- medizinische Verhältnisse hingewiesen Avird. Damit lernt der Betreffende noch nicht eine gerichtliche Section oder eine gerichtliche Wundschau vorzunehmen. Auch mufs in einem gerichtsärztlichen Praktikum die Uebung der Formen ge- schehen, unter denen gerichtliche Medizin ausgeübt wird. Der Studirende mufs sich üben, einen Bericht zu erstatten, einen Befund zu Protokoll zu diktiren und Gutachten abzufassen. Dazu kommt seit Einführang der Oeffentlichkeit und Münd- lichkeit die Notwendigkeit, sich einzuüben auf den öffentlichen mündlichen Vor- trag, auf die schnelle, gewandte Beantwortung gestellter Fragen und auf die Verteidigung der eigenen Ansicht gegenüber den bei der öffentlichen Verhandlung zu erwaitenden Einwürfen u. s. w. Es ist auffällig-, wie wenig in einzelnen Staaten in dieser Eich- tung geschieht, und ist hier namentlich Deutschland zu nennen, i) Seit Casper und Li man ist kein namhafter Vertreter der gericht- lichen Medizin zu nennen. In Oesterreich waren die letzten bedeuten- den Vertreter Maschka und namentlich Hofmann, in England früher Taylor, in Frankreich früher Tardieu, jetzt Brouardel. An den schweizerischen Universitäten hat nur die Bernische eine Vertretung der gerichtlichen Medizin durch einen ordentlichen Professor. Bezüglich der Einteilung der gerichtlichen Medizin unter- scheiden wir einen allgemeinen und einen speciellen Teil, da es gerichtlich - medizinische Verhältnisse giebt, welche sich auf alle Untersuchungen beziehen, mögen sie diesen oder jenen Gegenstand betreffen, gegenüber denjenigen, welche nur einzelne Fälle betreffen. Seit Henke unterschied man vielfältig einen formellen und einen materiellen Teil, was ich für weniger entsprechend halte, da sich das Formelle und Materielle nicht so streng voneinander unterscheiden lässt. In den französischen Lehrbüchern wird häufig eine juris- prudence medicale und eine medecine legale unterschieden, was aber leicht zu MifsVerständnissen führen kann, zumal unter der jurisprudence medicale öfters Gegenstände untergebracht werden, die gar nicht in die gerichtliche Medizin, sondern in das Gebiet der Sanitäts- polizei gehören. 1) Ungar, Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Med. 1889. S. 48. Bedeutung der gerichtl. Medizin und deren Stellung an deutschen Hochschulen. — Paltauf, Prager med. Wochenschr. 1892. Nr. 3.