Die modernen Theorien der Chemie und ihre Bedeutung für die chemische Statik / von Lothar Meyer.

  • Meyer, Lothar, 1830-1895.
Date:
1864
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Credit: Die modernen Theorien der Chemie und ihre Bedeutung für die chemische Statik / von Lothar Meyer. Source: Wellcome Collection.

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    thun und so die erkannten Tkatsachen zu entstellen und die richtige Einsicht in dieselben zu trüben. Jetzt indessen ist wohl nicht zu bezweifeln, dass die Geltung dieser Hypothese auf das richtige Maass einge- schränkt worden, und dem entsprechend alle aus ihr ge- zogenen Folgerungen mit den übrigen Resultaten der Forschung in vollständiger Uebereinstimmung sich befinden. Letzteres gilt ebenfalls von der Hypothese Avogadro’s, gegen deren Berechtigung, ausser dem in den §§ 68—71 be- sprochenen, niemals ein irgend erheblicher Einwurf gemacht wurde. Trotzdem kann man bis jetzt keine von beiden Hypo- thesen als ganz allgemein, wenigstens nicht als ausdrücklich anerkannt betrachten. Sie werden von sehr vielen Chemikern wieder bestritten, noch anerkannt, vielmehr einfach ignorirt. In Lehrbüchern und Vorträgen kommt in der Regel nur ein kleiner Theil ihrer Consequenzen zur Geltung. Es erscheint dies um so auffallender, wenn man die eleganten aus diesen Hypothesen heraus entwickelten und so allseitig durch die Beobachtung bestätigten Theorien der atomistischen Statik betrachtet. Man würde aber sehr irren, wollte man aus dieser anscheinenden Geringschätzung und Nichtberücksichtigung dieser Hypothesen und Theorien den Schluss ziehen, dass dieselben an sich werthlos seien und keine besondere Berücksichtigung verdienten. Es lässt sich vielmehr nicht verkennen, dass in der heutigen Chemie die Neigung, auf theoretische Betrachtungen ein besonderes Gewicht zu legen, auffallend gering ist. Man sucht, oft mit einer gewissen Aengstlichkeit, selbst wohl begründete Theorien von der Betrachtung der That- sachen so lange fern zu halten, als man ihrer irgend ent- behren und ohne sie das reiche empirische Material in über- sichtlicher Ordnung erhalten kann. Andererseits contrastirt damit auf das lebhafteste die Hartnäckigkeit und Zähigkeit, mit welcher einmal in die Wissenschaft eingeführte Hypothesen und Theorien, selbst nachdem sie unhaltbar geworden, gerade von den umsich- tigsten und erfahrensten Forschern aufrecht erb alten wurden.