Prostitution und Abolitionismus / Briefe von B. Tarnowsky.

Date:
1890
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Credit: Prostitution und Abolitionismus / Briefe von B. Tarnowsky. Source: Wellcome Collection.

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    50000. Das sind alles Opfer, die vom Rachen des Londoner Minotaurus zermalmt wurden. Derselbe ist unersättlich, er nährt sich von Mädchen und verzehrt sie allnächtlich in grofser Meng^, während die Stadt ruhig und ungestört schläft. Verstärkung der polizeilichen Aufsicht ist in diesen Sachen umsonst, da sie mit Wissen und unter dem Schutz der Polizei geschehen, so dafs man ihr eher sagen müfste — handsoff! Die scheulslichsten und niedrigsten Verbrechen werden in London straflos, beständig und systematisch verübt; die geschlechtliche Korruption hat sich bis zu geschlechtlichem Kriminalismus (sexual criminality) gesteigert. „Im Laufe von 4 Wochen,“ sagt Mr. Stead, „habe ich mit zwei, drei meiner Mitarbeiter die Londoner Hölle besichtigt. Die Stadt, die in der Nacht vom Glanze zahlloser Gasflammen übergossen wird, ist lasterhaft wie Gomorrha und sie scheut nicht die Strafe des Himmels. Ich traute meinen Augen nicht — vor mir war eine andere Welt; dieselben Leute, die wir überall in Klubs, im Gericht, an der Börse antreffen, hatten ein ganz anderes Aussehen, sie waren nicht zu erkennen, sie führten ganz andere Reden und besafsen eine besondere Moral.“ Die geheimen Nachspürungen der Redaktion der Pall-Mall- Zeitung, die kein Geld schonte, um das Vertrauen gewisser ent- sittlichter Matronen, Kupplerinnen und Lieferanten zu gewinnen, führten zu dem Ergebnis, dafs man in London zu jeder Zeit für einen bestimmten Preis eine virgo intacta bekommen kann. Das wii*d sehr einfach und leicht bewerkstelligt, mit sicherem Erfolg und völliger Gefahrlosigkeit. Mädchen von zarter Jugend werden durch betrügerische Verlockung oder mit Gewalt in abgesperrten Zimmern der Londoner Lupanare untergebracht und dort in frecher Weise genotzüchtigt. Dieses Gewerbe wird regelrecht betrieben; der Kauf und Verkauf der Mädchen geschieht stück- weise. Nachfrage auf die im Handel so genannten „fresh girls“ ist immer da, und die Besitzerinnen der Häuser suchen stets einen Vorrat zu besorgen, damit sie nicht ihres Rufes verlustig gehen. Die meisten solcher Kommissions-Kontore haben ihre beständigen Klienten, die jeden Monat oder sogar jede Woche der Dienste des Handelshauses bedürfen. So war z. B. nach der Angabe einer erfahrenen Besitzerin einer solchen Anstalt ihr bester Klient ein gewisser Dr. X., der zuerst allwöchentlich