Ueber einen mit Geistesstörung complicirten Fall von schwerer Hysterie, welcher durch congenitale Anomalien des Centralnervensystems ausgezeichnet war / von E. Siemerling.

  • Siemerling, E.
Date:
[1889?]
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Credit: Ueber einen mit Geistesstörung complicirten Fall von schwerer Hysterie, welcher durch congenitale Anomalien des Centralnervensystems ausgezeichnet war / von E. Siemerling. Source: Wellcome Collection.

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    bar in selbstmörderischer Absicht mehrfach versucht, sich mit dem Kopf zuerst zum Bett heraustürzen, so dass sie genau beobachtet werden muss. 13. April. Status. Pat. bringt die letzte Zeit beständig im Bette liegend zu, den Kopf versteckt sie möglichst ins Kissen. Die oberen Extremitäten vor der Brust zusammengeschlagen, die unteren Extremitäten in halb gebeugter Stellung. Deutlicher Fett- und Muskelschwund am ganzen Körper, so dass die einzelnen Knochen, namentlich in den Vorsprüngen deutlich zu Tage treten. Haut blass, trocken, in den unteren Extremitäten und Füssen sich abschürfend. Lippen gut geröthet. Die Conjunctiva leicht injicirt. Die Spontanbewegungen der Pat. ohne besondere Veranlassung sind auf ein ausserordentlich geringes Maass reducirt. Sie bewegt den Mund etwas, legt die Stirn in Falten. Selten, dann jedenfalls in Folge von Wahnvorstellungen, wirft Pat sich im Bett umher, versucht sich emporzuheben, und aus dem Bett herauszuwerfen. Aergerlicher Gesichtsausdruck. In letzter Zeit öfters beobachtet, dass Pat. Stunden lang, bisweilen einen halben bis ganzen Tag lang, in anhaltendem Weinen liegt; sie weint beständig vor sich hin, das Gesicht in die Kissen gndrückt. Thränensecretion dabei eine sehr reichliche, so dass das Bett durchnässt wird. Ihre sprachlichen Aeusserungen sind auf ein Minimum reducirt. Nur soll sie nach Angabe der Wärterinnen beim Essen, wenn sie dasselbe von sich stösst, geäussert haben „Ich will nicht. Einmal (cfr. oben) hat sie, als der Arzt ihr drohte, sie würde immer mit der Nasensonde gefüttert werden, sowie derselbe den Rücken drehte, die Aeusserung gethan haben: „Nun erst recht nicht. In letzter Zeit verunreinigt sich Pat. häufiger mit Urin und Koth. Sie ist in den letzten Nächten beständig zwei bis dreimal trocken gelegt worden. Früher hat sie ihre Entleerungen bewirkt auf dem untergeschobenen Stechbecken, oder die Andeutung gemacht durch Fortwerfen der Bettdecke, als ob sie zu Stuhl gehen wollte. Das Vorhalten des Körpergewichts war in letzter Zeit folgendermassen. Am: 1. März: 62 Pfund. 18. März: 56 Pfund. 1. April: 57 Pfand. 5- » 60 „ 24. „ 55 „ 4. „ 58 12- » 59 „ 28. „ 56 „ 8. „ 59 % „ Die Nahrungsaufnahme der Pat. ist in letzter Zeit eine gezwungene. Sie muss be- ständig zum Essen angehalten werden, schluckt aber jetzt, was ihr gereicht wird. Im Laufe des Monat März hat sie wiederholt mit der Nasensonde gefüttert werden müssen. Der Gesichtsausdruck der Pat. ist ein ausserordentlich müder, apathischer. Die Mimik ist so gut wie erloschen. An den Augenlidern leichtes Blinzeln, selten öffnet Pat. die Augenlider ein wenig. Der Mund scheint etwas in die Länge gezogen, es gewinnt da- durch der Gesichtsausdruck etwas Verdriessliches. • Auf Fragen giebt Pat. keine Auskunft. Sie hat selbst ihrem nächsten Verwandten (Bruder) keine Auskunft ertheilt und ist in demselben apathischen Zustande geblieben. Bei der Aufforderung die Augen zu öffnen blinzelt Pat. eii wenig, lässt dieselben aber vollständig geschlossen. Bei der Aufforderung die Zunge zu zeigen-, leichtes Zucken um den Mund. Oeffnet man den Mund, was ohne Widerstand geschieht, so sieht man. dass Pat. ausserordentlich langsame Vorwärtsbewegungen mit der Zunge macht Bei der Aufforderung die Hand zu reichen, bewegt sie auch diese sehr langsam; öffnet man ihr die Augen was gleichfalls ohne Widerstand gelingt, so lässt sie dieselben in halb- geöffneter Stellung eine Weile offen.