Die Anatomie des Ohres in ihrer Anwendung auf die Praxis und die Krankheiten des Gehörorganes : Beiträge zur wissenschaftlichen Begründung der Ohrenheilkunde.

  • Tröltsch, Anton Friedrich, Freiherr von, 1829-1890.
Date:
1861
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Credit: Die Anatomie des Ohres in ihrer Anwendung auf die Praxis und die Krankheiten des Gehörorganes : Beiträge zur wissenschaftlichen Begründung der Ohrenheilkunde. Source: Wellcome Collection.

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    ungen nothwendig mit sich brächten, bei einigermassen gelehriger Umgebung des Kindes durch Versuche in sehr vielen Fällen sicher eruiren. Ob der kindliche Schmerzensschrei bei Ohrenentzündungen wirklich etwas Charakteristisches an sich hat, wie dies manche Beo- bachter behaupten, vermag ich nicht zu beurtheilen; ich weiss nur, dass selbst standhafte und ertragungsfähige Männer mir häufig die Ohren- schmerzen als die fürchterlichsten und rasendsten Schmerzen schildern, welche man sich nur denken könne, — „als ob eine glühende Nadel durch den ganzen Kopf gestossen würde u ist eine öfter vorkommende Beschreibung, — dass dieselben bei akuten Prozessen in der Pauken- höhle seltener stichweise, sondern meist länger anhaltend, oft ganze Tage oder Nächte ohne Unterbrechung dauernd, häufig mit plötzlichen, namentlich nächtlichen Exacerbationen verlaufen, dass sie sich durch jede Erschütterung des Körpers, namentlich des Kopfes, durch jede Kau- oder Schluckbewegung — sicherlich also auch durch das Saugen beim Kinde — vermehren, dass sie durch Einwirkung von Kälte oder durch äussere Geräusche gesteigert oder wieder her- vorgerufen, durch Wärme dagegen, am besten durch Eingiessen von lauem Wasser, und noch mehr durch Ansetzen eines oder mehrerer Blutegel an die Ohröffnung sich gewöhnlich lindern oder beruhigen lassen. Ich sollte meinen, wenn man in Bezug auf die Krankheits- Erscheinungen Alles berücksichtigt, was man der Analogie beim Er- wachsenen entlehnen kann, und ausserdem zu diesen positiven Ergeb- nissen der Beobachtung die per exclusionem gewonnenen negativen fügt, so müsse man einen solchen akuten Paukenhöhlenkatarrh auch bei ganz kleinen Kindern nicht selten mit einiger Wahrscheinlichkeit diagnostiziren können, und möchte ich die Aerzte daher auffordern, in der Einderpraxis und bei Kindersektionen ihre Aufmerksamkeit auch auf diesen Punkt zu lenken. Erinnern wir uns hiebei, wie unge- mein häufig Ohrenschmerzen im kindlichen Alter überhaupt sind, dass denselben, wenn wir untersuchen, gewöhnlich ein entzündlicher Zu- stand, sei es des äusseren oder des mittleren Ohres, zu Grunde liegt, wie häufig ferner Otorrhöen bei Kindern, meist nach länger dauern- dem Unwohlsein, auftreten, und dass eine beträchtliche Menge von Schwerhörigen ihr Leiden auf die allerfrüheste Kinderzeit zurück datiren müssen, bereits nachweisbar daher Ohrenleiden bei Kindern jedenfalls ungemein häufig sind. Die Häufigkeit des Uebersehens von Ohren - Entzündungen bei kleinen Kindern und die Krankheits-Erscheinungen, nach welchen man solche mit einiger Wahrscheinlichkeit diagnostiziren kann, führt bereits 1825 ein Arzt in Fulda, Dr. Schwarz, in einem noch heute ganz brauchbaren Aufsatze in Siebold's Journal für Geburtshülfe aus (B. V. Hft. 1. Seite 160—173). v. Tröltsch, Anatomie des Ohres. 5