Handbuch der Physiologie des Menschen : Edited by J.von Kries et al.

  • Nagel, Milibald editor.
Date:
1905
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Credit: Handbuch der Physiologie des Menschen : Edited by J.von Kries et al. Source: Wellcome Collection.

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    besteht, in der Weise zu modifizieren sein, dafi man ein Spektrum als Ver- gleichsobjekt erwahlt, in dem vier Streii'en stark hervortreten und (wenigstens teilweise) durch Zwischenzonen geringer Intensitiit verbunden erscheinen, so zwar, dafi diese Zwischenzonen iiberhaupt nicht in hoher Intensitat gezeigt werden konnen. Wie an anderer Stelle des naheren auszufiihren sein wird, betrifft die Moglichkeit von Mischgeschmacken nicht jedes beliebige Paar von Geschmacks- qualitaten, soweit bis jetzt bekannt. Weitere Untersuchungen auf diesem Gebiete sind sehr wiinschenswert. Ich glaiibe^ wir diirfen das hier Gesagte auf den groBten Teil der Empfindungen aus dem Gebiete der niederen Sinne verallgemeinern und be- haupten, daB zwischen den Geruchs-, den Geschmacks- und den sog. Tast- empfindungen Ubergange bestehen, die psychologische Trennung also zuiu inindesten keine scharfe ist. Die Schmerzempfindungen gliedern sich in der gleichen Weise an. Ob sich die Kalte- und Warmeempfindungen prazis von den Tast- und Schmerzempfindungen abtrennen lassen, scheint mir ebenfalls recht fraglich; ist man doch nicht selten im Zweifel, ob einer Beriihrungs- empfindung oder einem Schmerz eine Temperaturempfindung beigemischt ist; ja sogar dariiber kann man sich zuweilen nicht sicher Rechenschaft geben, ob man kalt oder warm empfindet. Es darf nicht vergessen werden, daij diejenigen Emj)findungen, die man unter dem Namen Tastempfindungen zusammenfafit, auBerordentlich ver- schiedene Qualitaten aufweisen; das wird oft wegen der Einheitlichkeit des mechanischen Beriihrungsreizes tlbersehen. Tatsachlich ist indessen die gleiche mechanische Reizung an verschiedenen Korperstellen von sehr ungleichen Sensationen gefolgt. Man vergleiche nur die Empfindung^ die durch Be- riihrung mit einem Haarpinsel an der Zunge, Conjunctiva, Nasenschleimhaut, Fingerspitze, Stim und Oberarm bewirkt wird. Nicht nur ein „Lokalzeichen unterscheidet diese Empfindungen, sondern mit der gereizten Region wechselt die Qualitiit der Empfindung (offenbar in gewdsser Abhangigkeit von der EpidermisbeschafEenheit). Noch viel auffalliger ist der Unterschied zwischen einer beliebigen Beriihrungsempfindung, die von der auBeren Haut ausgelost wird, und denjenigen Empfindungen, die auf der Zunge durch sog. zusammen- ziehende oder scharfe Stoffe ausgelost werden. Diese letzteren Eindriicke stehen den eigentlichen Geschmacksempfindungen viel naher als den Tast- empfindungen sensu strictiori. Aus dieser Tatsache, die jeder unbefangene Beobachter zugeben wird. soil nun keineswegs ^geschlossen werden, daB es unberechtigt sei, unter den Zungennerven eigentliche Geschmacksnerven und Nerven der allgemeinen Sensibilitat zu unterscheiden. Ich mochte nur betonen, daB man den Tat- sachen Zwang antut, wenn man die Sachlage so darstellt, als ob das Prinzip der spezifischen Energien die sog. niederen Sinne in ebenso scharf getrennte Gebiete teilte, wie es den Gesichtssinn vom Gehorssinu und der Gesamtheit der niederen Sinne trennt. Ein anderer Umstand ist noch in diesem Zusammenhange zu beachten. Weinmanni) hat nachdriicklich darauf hingewiesen, daC die Erganzung ') Die Lehre von den spezifischen Sinnesenergien. Hamburg u. Leipzig ( VoIj) 1895.