Lehrbuch der Augenheilkunde / herausgegeben von Theodor Axenfeld.

Date:: 1915

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Credit: Lehrbuch der Augenheilkunde / herausgegeben von Theodor Axenfeld. Source: Wellcome Collection.

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I Stereoskopisclies Sehen. 71 gekreuzter Koordinaten bedienen, und zwar von einem Punkte aus, welcher 2 ni von der Wand und 1,6 m vom Fufsboden entfernt ist. Ein einfacher Kinnhalter fixiert den Kopf des Kranken in solche Höhe, dafs die Augen etwa in einer Erhebung von 1,6 Metern über den Boden sich befinden und die Frontalebene des ■ Kopfes senkrecht steht. Der Kranke, vor dessen einem Auge ein rotes Glas sich s befindet, hat eine Kerzenflamme zu fixieren, welche vor den Mittelpunkt des i Koordinatensystems gehalten wird, und zu bestimmen, welchen Abstand das gelbe i und rote Bild in wag- und senkrechter Richtung besitzen. Infolge der Störung einer Muskelleistiuig tritt noch die Er s cheinung her- vor, dafs der Kranke infolge seiner falschen Projektion die Gegenstände an eine andere Stelle des Raumes verlegt, als sie in Wirklichkeit sind. Darauf beruhen auch Schwindelerscheinungen, der sog. Gesichts Schwindel. Das Centrum wird von der Vorstellung beherrscht, als sei die äufserste Anstrengung gemacht worden, um einen in der Richtung der gestörten Muskelthätigkeit gehaltenen Gegenstand zu erreichen. Wird der Versuch in der Weise angestellt, dafs der Kjanke aufge- fordert wird, auf den Finger loszugehen und ihn mit seiner Hand zu erhaschen, so führt er zuerst seine Hand weiter, als es der Lage des vorgehaltenen Gegen- standes entspricht, um schliefslich seinen Irrtum zu verbessern und in einer fast bogenartigen Bewegung den Finger richtig zu fassen. Dieser Versuch wird Tast- oder Orientierungsversuch genannt. Um den Schwindelerscheinungen zu entgehen und die Doppelbilder zu ver- meiden, wird ferner eine Kopfhaltung eingenommen, in welcher die Thätigkeit des kranken Muskels möglichst Avenig erfordert ist. Die Achse, um welche die Drehung des Kopfes erfolgt, entspricht genau der Achse, um welche der in seiner Leistung gehemmte Muskel das Auge dreht. Aus gleichen Gründen schliefst oder verbindet häufig der Kranke, wenn auch unbewufst, ein Auge, gewöhnlich das kranke. Nicht immer ist aber auf demjenigen Auge, welches geschlossen gehalten wird, der Ausfall der Muskel- leistung zu suchen. Einerseits hängt dies von dem Grade des Sehvermögens ab, so dafs, wenn auf dem kranken Auge das bessere Sehvermögen vorhanden ist, dieses für gewöhnlich oflTen gehalten wird, andererseits ist der Kranke sich nicht recht be- wufst, welchem Auge er die Unsicherheit der Projektion zu verdanken hat, und verfährt daher ohne Auswahl, Beim typisehen oder konkomitierenden Schielen ist trotz der Muskel- störung Einfachsehen die Regel, während doch beim Einwärtsschielen gleichnamige, beim Auswärtsschielen gekreuzte Doppelbilder zu erwarten wären. Auch beim Lähmungsschielen, wenn dasselbe längere Zeit andauert, kann ein Doppel sehen fehlen. Doch gelingt es, unter solchen Ver- hältnis.sen mit einer modifizierten Prüfungsmethode auf Doppelbilder fast regel- mäfsig Doppelsehen hervorzurufen , wie dies noch in dem Abschnitte : „Erkran- kungen der Augenmuskeln erörtert werden wird. Da als das hauptsächlichste Zeichen des binokularen Sehens der stereoskopische Eindruck anzusehen ist, welchen man von körperlichen Gegenständen erhält, so lassen sich zur Feststellung, ob binokular gesehen Avird, Stereoskopenbilder verwenden; am geeignetsten erscheinen einfache Figui-en. Man bedient sich der gewöhnlichen Prismen- oder der sog. Linsen-Stereo skope.