Neuritis und Polyneuritis / von Ernst Remak ; anatomischer und pathologisch-antomischer Theil bearbeitet von Edward Flatau.

  • Remak, Ernst (Ernst Julius), 1848-1911.
Date:
1900
Catalogue details

Licence: In copyright

Credit: Neuritis und Polyneuritis / von Ernst Remak ; anatomischer und pathologisch-antomischer Theil bearbeitet von Edward Flatau. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by King’s College London. The original may be consulted at King’s College London.

    727/754 (page 693)
    An den Oberextremitäten kommen als vielleicht neuritisehe ein- zelne HandmuskelatropMen von Gourdon (Atrophie des Daumen- und Kleinfingerballens), N. Bonnet (Parese der Interossei und Lumbricales der linken Hand mit main en griffe) Laudenheimer in Betracht. Laudenheimer lässt es aber auch für seinen eigenen Fall dahingestellt, ob eine neuritisehe oder auch nur degenerative Atrophie vorlag. Eine 34jährige Frau, welche 5^2 Monate in einer Gummifabrik gearbeitet und bis vor Kurzem vulcanisirt hatte, ist seit fünf Wochen matt, appetitlos und magert ab. Tast-, Schmerz- und Temperaturempfiudung ist an Händen und Vorder- armen herabgesetzt, der Muskelsinn erhalten. Die Musculatur der Daumen- und Kleinflngerballen ist schlaff und atrophisch; Atrophie der Mm. interossei (keine Entartungsreaction). Die übrigen Armmuskeln intact, abgesehen von erhöhter elektrischer Erregbarkeit. Sehnenphänomene gesteigert. Keine Gehstörung, kein Romberg'sches Phänomen. Als Medianusneuritis^ wird ein Mendel'scher Fall angeführt. Er betraf einen seit zwölf Jahren in einer Gummifabrik beschäftigten Ar- beiter, der seit drei Jaliren Zittern in beiden Händen bekommen hatte, und dessen rechte Hand seit zwei Monaten folgende Stellung darbot; Der Daumen befindet sich in Hyperextensionsstellung, der zweite und dritte Finger sind im ersten Phalangealgelenke leicht gebeugt, im zweiten und dritten hyperextendirt. Der Daumen ist an die Volarfläche der dritten Phalanx des Zeigefingers so heran- gedrückt, dass er nur mit grosser Mühe und unter heftigen Schmerzen von dem Zeigefinger sich entfernen lässt. Der erste und fünfte Finger sind in mässigem Grade beweglich, Pronation und Eadialadduction der Hand sind beschränkt. Die Sensibilität fand Goldscheid er für alle Qualitäten im Gebiete des Radialis und Medianus erheblich, dagegen im Ulnarisgebiete nur wenig herabgesetzt. In den vom Medianus versorgten Flexoren der Finger wurde partielle Entartungsreaction gefunden. Am linken Arm war die Beweglichkeit normal, die Sensibilität im unteren Drittel des Vorderarmes intact, während sie in den beiden oberen Dritteln des Vorderarmes und am Oberarme im Gebiete des N. cutaneus medialis, medius late- ralis und N. axillaris ähnlich alterirt ist wie am rechten Arme. Mendel glaubte die ganz abnorme steife Stellung der Finger aus der degenerativen Medianuslähmung und dem üebergewichte der vom Ulnaris versorgten Antagonisten (Interossei und Adductor pollicis) er- klären zu können. Dagegen ist einzuwenden, dass dann eine solche Stellung bei Medianusneuritis öfter beobachtet sein müsste (vgl. oben). Die Ulnarisneuritis hebt Laudenheimer in folgendem Falle hervor: Er fand bei einem seit längerer Zeit in einer Gummifabrik arbeitenden 22jährigen Klempner, der bei der Arbeit öfter die Kleinfingerseite seiner rechten Hand in die Vulcanisirungsflüssigkeit eingetaucht hatte, die Muskeln des rechten Ulnarisgebietes paretisch. Bei Anblasen des Vorderarmes tritt fibrilläres Zittern ein. Im M. interosseus quartus findet sich Andeutung von Entartungsreaction. Auch im oberen Facialisgebiete ist die elektrische Erregbarkeit nicht ganz normal. ^ Ein von mir untersuchter Fall von Brachial-, beziehungsweise Medianusueuralgie nach SchwefelkohleustolFvergiftung wurde S. 103 und 130 erwähnt.