Neuritis und Polyneuritis / von Ernst Remak ; anatomischer und pathologisch-antomischer Theil bearbeitet von Edward Flatau.

  • Remak, Ernst (Ernst Julius), 1848-1911.
Date:
1900
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Credit: Neuritis und Polyneuritis / von Ernst Remak ; anatomischer und pathologisch-antomischer Theil bearbeitet von Edward Flatau. Source: Wellcome Collection.

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    berg und Duchenne schon gründlich erforscht waren, und auch schon histologische Untersuchungen über den Ablauf der Nervendegeneratioii und Regeneration vorlagen, so dachte man doch nicht daran, irgend welche, namentlich aber nicht die rheumatischen Nervenlähmungen von einer selbstständigen Erkrankung der Nerven abhängig zu machen. Wenn nicht ein Trauma oder ein Druck den Nerven betroffen hatte oder ersichtlicher Weise ein Entzündungsprocess auf ihn übergegriffen hatte, so sollte wenig- stens ein plastisches Exsudat ihn comprimiren. Namentlich für die peri- pherische Gesichtslähmung hat dieses Axiom so lange unbestritten Geltung gehabt, dass der von Minkowski 1891 beigebrachte Befund einer reinen Neuritis immer noch überraschend kam. Wenn eine Nervenverletzung nicht ohne Weiteres auf der Hand lag, oder wenn nach spontan ein- getretener Lähmung alsbald die Muskelatrophie besonders auffällig wurde, so wurde allgemein eine myopathische Lähmung angenommen und dieselbe, was in prognostischer Beziehung zu schweren Irrthümern führte, häufig mit progressiver Muskelatrophie verwechselt. Selbst durch Trauma ent- standene oder von einer Schulterverletzung ausgehende Deltoideus- und Serratuslähmungen, deren neuritische Entstehung aus der Beschreibung unzweifelhaft ist, wurden noch 1858 von H. Friedberg ausnahmslos als idiopathische Muskellähmungen in Folge von Muskelentzündung aufge- fasst. Die Lähmung wurde von ihm in sehr gezwungener Weise so er- klärt, dass eine ursprüngliche Muskelentzündung den Muskel alsbald er- schlaffen sollte. Man muss sich vergegenwärtigen, dass man damals noch nicht den Einblick in den Ablauf der Degeneration von Nerv und Muskel hatte, welchen die methodische elektrodiagnostische Untersuchung der Nerven- und Muskelerregbarkeit jetzt gewährt. Um so verdienstvoller erscheint es, dass 1860 R. Remak zuerst die Lehre von den neuritischen Lähmungen kurz mit folgenden Worten begründete: „Es gehört zu den sichersten Ergebnissen meiner diagnostischen und therapeutischen Erfahrungen, dass die unter dem all- gemeinen Namen der Serratus- und Cucullarislähmungen bekannten, zu Atrophie neigenden Lähmungen einzelner oder mehrerer Schultermuskeln,, welche nach P^rkältung und Anstrengung entstehen oder zu Gelenk- entzündung hinzutreten, durch Neuritis muscularis, d. h. durch Neuritis diffusa oder nodosa der vom Plexus brachialis zu jenen Muskeln sich begebenden Nervenäste bedingt werden. Weiterhin erwähnt er als häufig die Neuritis des Medianus am Oberarm und die von ihr abhängige neu- ritische Muskelatrophie der Daumenmuskeln und betont ihre von der progressiven Muskelatrophie abweichende Verbreitung und Prognose. In der Einleitung eines 1864 geschriebenen, diese Erfahrungen ausführlicher darstellenden, nicht veröffentlichten Capitels über neuritische Lähmungen für eine von meinem Vater beabsichtigte „Klinik der Nervenkrankheiten 1*