Die chronisch-infektiösen Bindehauterkrankungen (das Trachom) / von W. Goldzieher.

Goldzieher, Wilhelm, 1849-1916.

Date:: [1888]

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Credit: Die chronisch-infektiösen Bindehauterkrankungen (das Trachom) / von W. Goldzieher. Source: Wellcome Collection.

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Abweichung des sonst bei Katarrhs zu verzeichnenden Befundes vor- handen. Das Auftreten derlei FolUkel berechtigt uns, den entzündUchen Prozess mit dem Namen der Conjunctivitis follicularis zu belegen. In einzelnen, sehr seltenen Fällen sind mehrere Follikel zu einem Haufen oder Knoten konglobirt, gleichfalls bei völliger Intaktheit der übrigen Conjunctiva; es wird dieser Zustand später als Lymphadenitis conjunctivae noch eine Erwähnung finden. 2. Die akute Conjunctivalblennorrhoe charakterisirt sich in pathologisch-anatomischer Beziehung*) durch eine massenhafte Wuche- rung der Epithelzellen, enorme Er weiter luisj der Conjunctivalgefässe, wobei namentlich die Endschlingen derselben schwellkörperartig her- vorragen, so dass wir in ausgeprägter Weise einen Papillarkörper vor uns haben. Die einzelnen Papillen ragen wie Kolben oder breitere Pilze hervor, und lassen tiefe Thäler zwischen sich, welche sich oft wie Blindsäcke in die geschwellte und aufgelockerte Conjunctiva hinein einstülpen Die in den abenteuerlichsten Formen proliferirenden Epithelzellen bedecken in mehreren La^en die Kuppen der Papillen und setzen sich zwischen dieselben in die tiefen, drüsengleich sich einsenkenden Zwischen- räume fort. Das ganze Gewebe der im höchsten Grade aufgelockerten Conjunctiva ist mit Eiterzellen infiltrirt. welche Infiltration sich aber nicht in einigermassen merkbarer Weise in den Tarsus fortsetzt, obwohl auf dem Höhepunkte des Prozesses dns ganze Lid in entzündlichem Oedem begriffen ist. Im Gegentheile ist gewöhnlich die eigentliche Schleimhaut in lihrer Aufgelockertheit scharf von dem Tarsus differenzirt, dessen straffes, die Meybom'schen Drüsen umschliessendes Fasergerüst nur unbedeu- tende Zell Infiltrationen zeigt. Auf dem Querschnitt wird die Grenze zwischen der Schleimhaut und dem Tarsus durch die der Länge nach getroffenen, erweiterten und überfüllten (jefässe gut markirt. Wichtig ist es, hervorzuheben, dass selbst auf dem Höhepunkte des akuten Prozesses der Tarsus frei bleibt und die Infiltration nur die Schleimhaut ergriffen hat. 3. Da es sich bei den chronisch-infektiösen (blennorrhoischen) Bindehautentzündungen um Formen handelt , welche nicht allein eine jahre- ilange, sondern wenn man ganz aufrichtig sein will, eine unbegrenzte Dauer haben und während des Bestehens des Leidens auch die geweb- lichen Veränderungen nicht stille stehen, so ist es unmöglich, eine kurze, einheitliche, für alle Fälle passende typische Beschreibung zu liefern. Die Beschreibung wird sich stets nur auf ein gewisses Stadium der chronischen Bindehautentzündung beziehen. Doch lassen sich jene Merkmale, als welche dem Prozesse den pathologisch-anatomischen Charakter sichern, in folgender Weise fixiren: Den chronisch-infektiösen Bindehautentzündungen ist bei wech- selnder Infiltration und Wucherung in den vordersten Schichten der Bindehaut eine tiefe Infiltration gemein, welche von der adenoiden Schichte der Schleimhaut ausgeht und die Grenze zwischen Schleim- haut und Tarsus nicht respektirend, bis in die Faserlamellen des Tarsusgewebes und selbst zwischen die Lappen der Meybom'schen Drüsen eindringt. Die Infiltration ist eine dichte und hat ganz den Charakter *) An Augen von während einer Blennorrhoea neonatorum verstorbener neu- geborener Kinder studirt, von denen ich auch einige injicirte Praeparate besitze.