Die Vitamine, ihre Bedeutung für die Physiologie und Pathologie : mit besonderer Berücksichtigung der Avitaminosen: (Beriberi, Skorbut, Pellagra, Rachitis) ; Anhang: Die Wachstumsubstanz und das Krebsproblem / von Casimir Funk.

  • Funk, Casimir, 1884-1967.
Date:
1914
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Credit: Die Vitamine, ihre Bedeutung für die Physiologie und Pathologie : mit besonderer Berücksichtigung der Avitaminosen: (Beriberi, Skorbut, Pellagra, Rachitis) ; Anhang: Die Wachstumsubstanz und das Krebsproblem / von Casimir Funk. Source: Wellcome Collection.

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    mussten. Nach langem Suchen wurde die Ursache der enormen Ausbreitung darin gefunden, dass die Eingeborenen, die den Reis bis dahin mit ihren primitiven Handmühlen behandelten, plötzlich in Besitz von tadellos funk- tionierenden Maschinenmühlen kamen. Auf den ersten Blick wird man sich sicherlich wundern, was die Einführung der modernen Maschinen mit der Entstehung der Beriberi gemein hat. Dies wird uns eher verständlich, wenn wir den Bau eines Reiskornes (s. beigegebene Tafel 1) uns genau ansehen. Das Reiskorn ist mit einer Spelze wie jede Kornfrucht umgeben. Wird nun die Spelze abgenommen, so kommt das Korn selbst zum Vorschein. Das letzte besitzt schmutzig ziegelrote Farbe und man würde darin kaum den schön weiss aussehenden Reis erkennen, der uns zugeführt wird. Wir sehen, wenn wir Reis histologisch untersuchen, dass der Samen aus zwei deutlichen Schichten besteht, die äussere und die innere. Die zwei Schichten sind auch chemisch nicht gleichwertig. Aus diesem natürlich vorkommenden Zufall entstand dieser neue Teil unserer Wissenschaft, die hier zur Besprechung kommt. Die Eingeborenen, die von Reis leben, pflegen seit Urzeiten den Reis von der äusseren Schicht partiell mittelst Handmühlen zu befreien, da sie behaupten, dass der natürliche Reis nicht schmackhaft sei. In solchen Gegenden, wo Handmühlen gebraucht werden, kommt Beriberi er- fahrungsgemäss nur äusserst selten vor. Mit dem Vordringen der Kultur wurden immer mehr die Handmühlen durch Maschinen ersetzt, die den Reis so modifizieren, wie wir ihn auf dem Markt sehen. Dieser Prozess geht so vor sich, dass die Körner mit Hilfe von Lederriemen und Paraffin so lange geschliffen (poliert) werden, bis die äussere Schicht total entfernt worden ist. Die Eigentümer der Mühlen haben ein besonderes Interesse daran, dass der Prozess möglichst komplett wird, da die Polierabfälle (Reis- kleie, engl, rice-polishings, franz. son de riz) als Viehfutter sich als ausge- zeichnet erwiesen haben und hohen Marktpreis besitzen. Auch wird der maschinell gereinigte Reis zu einem höheren Preis verkauft, als der handgemahlene, da er als feiner gilt. Die Einführung der modernen Reisbearbeitung fiel zeitlich zusammen mit der grössten Beriberiausbreitung. Diese Tatsache konnte trotz dem eifrigen Suchen nach einem Erreger oder Giftstoff nicht lange verborgen bleiben. Die klinische Erfahrung hat uns bald gezeigt, dass die Ausbreitung der Beriberi dem Genuss von hoch poliertem Reis folgt. Später konnte gezeigt werden, dass die Diätänderung oder der Zusatz von Reiskleie die Krankheit zu verhüten imstande ist. Allmählich kam Licht in die dunkle Ätiologie der Beriberi und wir können jetzt mit Stolz sagen, dass Beriberi vollständig in ihrem Wesen aufgeklärt ist und gänzlich verhütet werden kann. Man muss sich fragen warum, da dies tatsächlich der Fall ist, noch Tausende von Beriberifällen jährlich vorkommen, die so oft tödlichen Ausgang haben. Die Antwort darauf ist, dass die Behörden nur sehr langsam die Ergebnisse der