Die Verdauungssaefte und der Stoffwechsel : eine physiologische-chemische Untersuchung / von F. Bidder und C. Schmidt.

  • Bidder, Friedrich Heinrich, 1810-1894.
Date:
1852
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Credit: Die Verdauungssaefte und der Stoffwechsel : eine physiologische-chemische Untersuchung / von F. Bidder und C. Schmidt. Source: Wellcome Collection.

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    In ersterer Beziehung ist zunächst auf die Zeit, in welcher der Mundspeichel (des Menschen) jene Umwandlung des Amylons zu bewir- ken vermag, Rücksicht zu nehmen. Wenn man sich mit destillirtem Wasser ein frisches Amylondecoct bereitet und in demselben die Abwe- senheit jeglicher Spur von Zucker nach der Trommersehen Probe dar- gethan hat, so wird die zähe dickflüssige Masse, sobald sie mit etwa der gleichen Menge frischen Mundspeichels versetzt und durch ein paar- maliges Umschütteln gehörig mit demselben vermischt wurde, sogleich die auffallendsten Veränderungen darbieten. Die zähe Flüssigkeit ist plötzlich dünn und wässerig geworden, eine herausgenommene Probe wird durch Jod gar nicht mehr gebläut, und die Reduction des Kupfer- oxyds giebt sich durch einen mehr oder weniger starken ziegelrothen Niederschlag auf unzweideutige Weise zu erkennen. Die Umwandlung des Amylons in Zucker hat also fast augenblicklich und so vollständig stattgefunden, dass schon nach wenigen Minuten, wie sie zum Um- schütteln der Mischung und Herausnehmen einer Probe erforderlich wa- ren, gar kein unverändertes Amylon mehr übrig ist. Und dies ist in der gewöhnlichen Zimmerwärme vor sich gegangen. Das augenblickliche Eintreten dieser Wirkung ist besonders zu be- rücksichtigen, wenn man ein Urtheil darüber gewinnen will, ob noch andere Flüssigkeiten des thierischen Körpers die gleiche Eigenschaft besitzen, oder ob dieselbe eine ausschliessliche Eigenthümlichkeit des Speichels sei. Wir werden weiter unten darzuthun Gelegenheit haben, dass der pankrealische und Darm-Saft in der fraglichen Beziehung mit dem Mundspeichel ganz übereinstimmen. Wenn man aber sehr vielen anderen organischen Substanzen, wie Nasenschleim, Nierengewebe, fau- lendem Blutserum u. s. w. dieselbe Eigenschaft z-uschreibt, und sich hierbei auf Versuche beruft, in denen solche Substanzen mit Stärkeklei- ster vermischt 8 —12 Stunden einer Temperatur von 40° C. ausgesetzt wurden,!) so müssen wir die Beweiskraft solcher Experimente zu dem angedeuteten Zwecke entschieden bestreiten. Denn auch ein frischer Kleister bei solcher Temperatur und so lange sich selbst überlassen wird häufig, ja gewöhnlich Spuren oder selbst schon reichliche Mengen von Zucker erkennen lassen. Nur dann also, wenn nach kürzerer Zeit in einer Kleistermasse die stattgehable Umsetzung in Zucker auf unzwei- deutige Weise dargethan wird, wird dieselbe nicht einer spontanen Ver- wandlung, sondern der Einwirkung eines zur Feuchtigkeit und höheren 1) Frerichs in dem Artikel „Verdauung“ in Wagners Handwörterbuch der Physio- logie. Liefet-. 21 oder Bd. III. Abthl. 1. pag. 773.