Die Pathologie der Netzhaut : ein Handbuch für Augen- und Nervenärtze / von H. Wilbrand und A. Saenger.

  • Wilbrand, Hermann, 1851-1935.
Date:
1909
    DIE PATHOLOGIE DER NETZHAUT. EIN HANDBUCH FÜR AUGEN- UND NERVENÄRZTE VON Dr. H. WILBRAND und Dr. A. SAENGER AUGENARZT NERVENARZT AM ALLGEMEINEN KRANKENHAUSE ST. GEORG IN HAMBURG. MIT ZAHLREICHEN TEXTABBILDUNGEN. VIERTER BAND, ERSTE HÄLFTE DER „NEUROLOGIE DES AUGES". WIESBADEN. VERLAG VON J. F. BERGMANN. 1909.
    Nachdrack verboten. Übersetzungen, auch ins Ungarisciie, vorbehalten.
    Vorwort zum IV. Bande. Manchem dürfte es wohl überraschend erscheinen, dass wir der Patho- logie der Netzhaut überhaupt einen so grossen Platz in unserem Werke ein- geräumt haben. War man doch gewohnt, nur immer die Veränderungen der Papille in den Kreis neurologischer Betrachtungen zuziehen. Nach unserer Ansicht aber verdient die Netzhaut, als vorgeschobener Posten des Gehirns auch vom neurologischen Standpunkte aus, einer eingehenderen Berück- sichtigung. So zeigt z. B. die erst in neuerer Zeit eifrig studierte familiäre amaurotische Idiotie eine bemerkenswerte Ubereinstimmung der Verände- rungen in der Netzhaut und im Centraiorgane, wobei als erstes pathogno- misches Zeichen in der Regel Alterationen in der Retina und vornehmlich in der Macula gefunden werden. Auf die wichtige Stellung, welche die Pigmentatrophie der Retina in neurologischer Beziehung einnimmt, braucht hier nur hingewiesen zu werden. Da die äuss er en Netzhautschichten in der Choriocapillaris ihr eigenes Ernährungsgebiet besitzen, die inneren aber von der Arteria centralis retinae ernährt werden, so mussten wir auch der verschiedenen Chorioretinitis- formen hier gedenken und haben dabei auch zugleich die differential- diagnostischen Momente hervorgehoben, durch welche sich die Erkran- kungen der äusseren Netzhautschichten von denen der inneren prinzipiell zu urtterscheiden pflegen. Hierbei haben wir der Besprechung der pathologi- schen Gesichtsfeld formen einen besonderen Raum gegeben, weil es auch für den Neurologen durchaus erwünscht erscheint, die charakteristischen Symptome kennen zu lernen, durch welche sich die Gesichtsfelddefekte retinalen Ur- sprungs von denen der übrigen optischen Leitung prinzipiell unterscheiden. Auch bietet die Betrachtung der retinalen Gefässveränderungen dem Neurologen ein ebenso grosses Interesse wie dem Ophthalmologen. Denn wir können im Augenhintergrunde direkt die feinsten Gefässalterationen mit be- sonderer Deutlichkeit beobachten und aus dem dort gewonnenen Befunde uns ein Bild von analogen Vorgängen im Gehirne entwerfen. Aus diesem Grunde haben wir das Kapitel der Thrombose und Embolie der Arteria
    centralis retinae mit besonderer Sorgfalt behandelt. Wirft doch die Erklärung der plötzlichen Erblindung bei dem Verschlusse der Arteria cen- tralis retinae Licht auf die apoplektiform eintretenden klinischen Erschei- nungen bei der Thrombose der Gehirnarterien. Ebenso weisen die einer Apoplexia cerebri so häufig vorausgehenden Netzhautblutungen darauf hin, wie wichtig für einen Neurologen die Kenntnis der Pathologie der Netzhaut ist. Hinsichtlich der Prognose der Gefässveränderungen am Auge musste auch dem Glaukom, sowie den an der Papille hervortretenden Schwellungs- Erscheinungen die entsprechende Berücksichtigung zuteil werden, ein Umstand, der in differentialdiagnostischer Hinsicht von der grössten Bedeutung ist. Denn durch lokale Erkrankung der Gefässe in der Papille kann sehr leicht eine Neuritis optica, ja selbst eine Stauungspapille hervor- gerufen werden. Letztere könnte dann ohne diese Kenntnis zu falschen dia- gnostischen Schlüssen Veranlassung geben. Ferner bedarf es noch einer besonderen Rechtfertigung, dass wir bei der Schilderung der verschiedenen Retinitisformen an Stelle der alten Nomen- klatur uns der Bezeichnung Angiopathia retinae bedient haben, bei welcher das hinzugesetzte Eigenschaftswort albuminurica, diabetica etc. auf die dabei besonders hervortretenden Symptome des Allgemeinleidens den genügenden Hinweis gibt. Haben doch neuere anatomische Untersuchungen klargelegt, dass die verschiedenen sogen. Retinitisformen weder die Bezeichnung einer Retinitis verdienen, noch dass sie für die einzelnen Grundkrankheiten in sich geschlossene, charakteristische Augenspiegelbilder liefern, sondern dass sie sämtlich auf pathologische Veränderungen der Retinalgefässe zurückgeführt werden müssen. Ein derartiger, schliesslich notwendig gewordener Bruch mit traditionellen Gepflogenheiten setzt aber voraus, dass zur Rechtfertigung seiner Notwendigkeit eine reichhaltige Kasuistik herangezogen werde. Dadurch ist der Umfang dieses Bandes grösser geworden, als dies ursprüng- lich in unserer Absicht lag. Wollten wir aber dem im ersten Vorwort zu unserem Werke ausgesprochenen Programme, eine Darstellung der physiologi- schen und pathologischen Verhältnisse der einzelnen Abschnitte des optischen Nervenapparates geben zu wollen, treu bleiben, so mussten wir dann auch die Pathologie der Netzhaut in einem Umfange bearbeiten, der harmonisch sich den übrigen Teilen unseres Werkes einfügt. Hamburg, im Dezember 1908. Die Verfasser.
    Inhalts-Verzeiehnis zum IV. Bande. Kapitel XIX. Seite Die Pathologie der Netzhaut —1 Anatomisches 1—8 Einleitung, § 1 1 Die Bestandteile der Netzhaut, §2 1 Die Nervenfaserschicht, §2 2 Das Pigmentepithel, §3.... .... 3 Die Macula lutea, § 4 5 Die Arteria centralis retinae, §5 5 Die Choriocapillaris, §7 8 Der Abfluss der Lymphe, §8 8 Einteilung der Netzhauterkrankuugen, § 9 Ä. Die Krankheitszustände vornehmlich der äusseren Retinalschicliiten . 9—117 Die pathologische Pigmententwickelung in der Retina, § 11 . . . 10 Als angeborener Zustand, § 11 10 Als Folge entzündlicher Vorgänge, § 12 11 Als'Residuum von Netzhautblutungen, § 13 12 Die Pigmententwickelung bei Chorioretinitis kann auch eine hämatogene sein, § 14 12 Die Erkrankung der Pigment- und Neur o epitlielschicht 13 Einteilung der einschlägigen Krankheitszustände, § 15 13 1. Die Chorioiditis (Chorioretinitis) specifica Förster, § 16 ... . 13 2. Die eigentliche Chorioretinitis, § 17 19 Das Krankheitsbild, § 17 . 19 Auftreten derselben, § 18 20 Mikroskopischer Befund bei derselben, § 19 . 21 Die Ätiologie der Chorioretinitis, § 20 21 Die Chorioretinitis nach Syphilis, §21 22 Die Chorioretinitis aequatorialis syphilitica, § 22 ....... 23 Die Chorioretinitis macularis syphilitica, § 23 23 Die hereditär syphilitischen Augenhintergrundsveränderungen, § 24 24 Die Chorioretinitis nach lutermittens, § 27 27 . Lepra, § 28 27 , Masern, § 29 28