Volume 1

Lehrbuch der speziellen Pathologie und Therapie der inneren Krankheiten für Studierende und Ärzte / Strümpell-Seyfarth.

  • Strümpell, Adolf von, 1853-1925
Date:
1934
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Credit: Lehrbuch der speziellen Pathologie und Therapie der inneren Krankheiten für Studierende und Ärzte / Strümpell-Seyfarth. Source: Wellcome Collection.

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    lieh kann namentlich bei älteren Leuten die sich ausbildende Kreislauf¬ schwäche werden. Die klinische Diagnose der Ruhr bietet fast nie besondere Schwierigkeiten dar. Nur die milden Formen der Dysenterie und die sekundär sich so häufig an sonstige schwere Krankheiten anschließenden Dysenterien (Mischinfektionen) können leicht verkannt werden. Genaue bakteriologische und serologische Un¬ tersuchungen können oft die Diagnose klären. Zum Nachweis von Dys¬ enteriebazillen ist sehr frischer Stuhl erforderlich. In steriler 0,85 %iger NaCl- Lösung abgespülte Schleimflöckchen werden auf Platten von Lackmus-Milch¬ zuckeragar, Lackmus-Mannitagar u. a. ausgesät. Durch Agglutination von Immunsera und andere bakteriologische Merkmale (s. o.) werden die Ruhr- bazillen bestimmt. Aber selbst bei unmittelbarem Abimpfen von den Darm¬ geschwüren mit Hilfe des Rektoskops gelingt der Nachweis der Ruhr- oder Pseudoruhrbazillen nur in etwa 40 % der Erkrankungen. Auch die Agglutination von Dysenterie- oder Pseudodysenteriebazillen durch das Blutserum Ruhr¬ kranker, die in manchen Fällen diagnostisch verwertbar ist, läßt zumeist im Stich. Ausgezeichnete Dienste leistet fast immer die Rektoskopie. Es empfiehlt sich dabei zugleich frisches Material zur bakteriologischen Untersuchung zu entnehmen. — Die Unterscheidung von der Amöbenruhr wird im folgenden Kapitel besprochen. Therapie. Die Ruhrkranken müssen warm gehalten werden und auch in leichten Fällen unbedingt das Bett hüten. Warme Umschläge auf den Leib werden von den meisten Kranken als wohltuend empfunden. Die Umgebung des Afters muß durch häufiges Waschen und Einfetten vor Entzündung ge¬ schützt werden. Die Diät muß streng sein (Hungerdiät). Namentlich bei kräftigen Menschen kann man einige Tage ganz gut mit Schleimsuppen und Tee auskommen. Schwächlichen Kranken verabreiche man mit Vorsicht von Anfang an etwas kräftigere Kost, Grieß, Reis, Kartoffelbrei u. dgl. Das Getränk wird von den Kranken meist besser lauwarm als kalt vertragen. Die medikamentöse Behandlung besteht im Anfang der Krankheit nach den Erfahrungen fast aller Arzte in der Darreichung von Abführmitteln. Während man durch Opium gewöhnlich keine Besserung des Durchfalles und des Tenes- mus erzielt, tritt nach dem Gebrauch von Abführmitteln eine entschiedene Erleichterung für den Kranken ein. Man gibt in den ersten Tagen, unter Umständen auch noch später, täglich 2—4 Eßlöffel Ol. Ricini. In den letzten Ruhrepidemien haben wir statt des Rizinusöls als anfängliches Abführmittel meist Kalomel verordnet (0,2—0,3 einmal oder wiederholt). In den südlichen Ländern sind große Kalomeldosen (0,5—1,0) gebräuchlich, die von den dortigen Ärzten sehr gerühmt werden. Es folgt dann eine mildere Abführkur mit täg¬ lich etwa 3mal 10 g Natriumsulfat (Glaubersalz). Erst wenn eine deutliche Besserung erzielt ist, kann eine anschließende mildadstringierende Therapie empfohlen werden. Bei etwaigen neuen Verschlimmerungen soll man aber immer wieder ein Abführmittel versuchen. Fehlerhaft ist eine zu frühe Ruhig¬ stellung des Darmes durch Opium. Von sonstigen Mitteln ist zunächst die Ipecacuanha („Ruhrwurzel“) zu nennen, die seit alters den Ruf eines Spezifikum hatte. Man kann sie im Infus oder in Pulverform zu 1—2 g pro dosi geben. Ipecacuanha ist auch ein Hauptbestandteil des Pulvis Doveri (Pulvis Ipecacuanha opiatus), das wir in Gaben von 0,3—0,5 oft mit gutem Erfolg angewandt haben. Ferner sollen nicht nur bei Amöbenruhr (s. u.), sondern auch bei der Bazillendysenterie mit Yatren Heilungen erzielt worden sein. Auch Tannigen, Tannalbin, ferner Carbo medi- cinalis und Bolus alba (50,0 — 100,0 in Wasser oder Tee mehrmals täglich) sind