Die Erkrankungen der weiblichen Harnröhre und Blase : mit besonderer Berucksichtigung der Endoskopie und Cystoskopie dargestellt / von Gustav Kolischer.

  • Kolischer Gustav.
Date:
1898
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Die Erkrankungen der weiblichen Harnröhre und Blase : mit besonderer Berucksichtigung der Endoskopie und Cystoskopie dargestellt / von Gustav Kolischer. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by the Royal College of Physicians of Edinburgh. The original may be consulted at the Royal College of Physicians of Edinburgh.

    133/168 (page 125)
    Die Blase selbst pflegt der Sitz ziehender Empfindungen zu sein, die sich bis zum Schmerzgefühle steigern, wenn die Schleim- haut der Blase entzündlich erkrankt. Dass die Blase bei Cystocele in Folge der Stauung in ihren Wandungen einer entzündlichen Infection zugänglicher ist, er- scheint begreiflich. Die Urinentleerung ist gewöhnlich, selbst bei hohen Graden von Verlagerung nicht besonders behindert; in vielen Fällen reponiren die Patientinnen, durch Erfahrung belehrt, ihren Pro- laps vor der Miction oder streichen den Residualharn aus dem Bruchanteile der Blase mit den Fingern aus. Bisweilen machen Cystocelen sich bei Geburten unangenehm geltend; kann schon eine normale Blase im gefüllten Zustande den Geburtsverlauf beeinträchtigen, so ist dies umsomehr bei einer mit Urin gefüllten Cystocele der Fall. Gewöhnlich lösen gefüllte Cystocelen stürmische Drangwehen schon zu Beginn der Geburt aus, welche sofort cessiren, wenn die Blase instrumenteil entleert wurde; in der Literatur sind auch Fälle verzeichnet, bei denen eine mit Urin gefüllte Cystocele ein absolutes Geburtshindernis setzte, so dass, da der Katheterismus nicht mehr möglich war, die Blase künstlich, sei es durch Punction, sei es durch Incision, entleert werden musste. Die Entstehung einer Cystocele wird durch alle jene Ur- sachen begünstigt, welche eine Lockerung der Verbindungen der Blase bedingen, oder aber durch Verlagerung ihrer Anheftungs- stellen ein Verzerren der Blasenwandungen setzen. Alles also, was zur Entstehung eines Scheidenwandprolapses oder eines Gebärmuttervorfalles beiträgt, ist auch Ursache für eine Cystocelenbildung, welche entsprechend dem Grade des Genital- vorfalles in grösserem oder geringerem Masse auftritt. Auch die Harnfunctionen bei Cj^stocele stehen in Zusammen- hang mit der Art der ursächlichen Genitalveränderung; ist die Urethra posterior und der Blasenhals durch Verlagerung der Blasenansatzstelle an den Uterus stark verzerrt, so kommen Incontinenzerscheinungen vor, während andererseits bei aus- giebigen Verzerrungen des Blasenfundus Detrusorstörungen nichts Seltenes sind. Die Diagnose einer Cystocele unterliegt kaum irgend welchen Schwierigkeiten; ein in der Vulva, eventuell nur unter Pressen sich präsentirender, weicher Tumor, der in gefülltem Zustande fluctuirt, oder dessen Wände sich (in leerem Zustande) leicht gegeneinander verschieben lassen, lenkt schon die Gedanken auf