Ueber die Therapie der Conjunctivitis granulosa : mit besonderer Berücksichtigung der in den Provinzen Ost- und Westpreussen herrschenden Krankheitsformen / von Hermann Kuhnt.

  • Kuhnt, Hermann.
Date:
1897
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Ueber die Therapie der Conjunctivitis granulosa : mit besonderer Berücksichtigung der in den Provinzen Ost- und Westpreussen herrschenden Krankheitsformen / von Hermann Kuhnt. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by UCL Library Services. The original may be consulted at UCL (University College London)

    10/172 (page 422)
    den Thatsachen Zwang anthun wollen, nun zu supponieren, dass nicht das granulöse Individuum durch Uebertragung, sondern die plötzlich erwachte Virulenz der Folliculariskeime die Granulöse gezeitigt habe. Auch erscheint es mir wenig plausibel, dass die Follicularis zwar auf einer Infektion der Granuloseerreger beruhen, niemals aber ein ein- wandfreies, echtes und rechtes Trachom erzeugen sollte. Therapeutisch verlangt die Follicularis so gut wie gar keine Be- rücksichtigung. Ziemlich indifferente Medikamente genügen oftmals (Borsäurekompressen, Instillationen von ganz schwachen Lösungen der Adstringentien), um die etwa vorhandenen unbedeutenden Beschwerden zu beheben, gemeinhin aber erfordert sie überhaupt gar keine Behand- lung. Der Umstand, dass die Conjunctivitis granulosa chronica in einem beachtenswerten Prozentsatze zu- erst und ausschliesslich auf der oberen Uebergangs- falte zur Entwickelung kommt, hier unter Umständen sogar schon das Stadium der sulzigen Erweichung und des Zerfalles erreichen kann, ohne dass die tarsale Bindehaut fläche auch nur stark hyperämisch zu sein braucht, legt jedem Untersucher die Pflicht auf, stets auch die obere Falte genauest zu inspizieren. Da dies bei der gewöhnlichen Umstülpung nicht immer möglich ist, haben eine Reihe von Untersuchern den Rat gegeben, zum Sichtbarmachen der Falte mittels Instrumente eine doppelte Umstülpung auszuführen. So hat noch jüngst Sch*er empfohlen, nach der gewöhnlichen Umstülpung das obere Lid in seiner ganzen Dicke mit einer breiten Pincette zu fassen, deren eine Branche auf der Lidbindehaut, deren andere im Fornix zu liegen kommt, und nun das Lid zum zweiten Male umzu- kehren. Für Massenuntersuchungen und zu rein diagnostischen Zwecken dürfte diese komplizierte Art des Vorgehens nicht geeignet sein, zu- mal es immer gelingt in viel einfacherer und vollauf genügender Weise, auch ohne alle Schmerzen und ohne Zeitaufwand, zum Ziele zu gelangen. Von der absoluten Notwendigkeit überzeugt, hierorts bei allen Untersuchungen auf Granulöse die obere Falte eingehend zu besichtigen, verfahre ich seit Jahren in der Weise, dass ich mit der einen Hand das Lid bei forciertem Blicke nach unten an den Cilien kräftig nach unten und vom Bulbus abziehe und nun mit der anderen Hand mittelst einer Sonde, eines Glasstabes oder eines dünnen Bleistiftes den oberhalb des konvexen Tarsusrandes gelegenen, die Uebergangsfalte umgreifenden Lidteil, natürlich ohne auf den Bulbus zu drücken, herzhaft nach unten schiebe, gleichzeitig den Cilienrand möglichst schnell nach oben hebend (vergl. Fig. 1). Man überschaut mit einem Blicke die ganze