Die röntgenologische Diagnostik der Erkrankungen der Brusteingeweide : mit 60 Abbildungen im Text und 50 Röntgenbildern auf 8 Tafeln.

  • Holzknecht, Guido, 1872-1931.
Date:
1901
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Credit: Die röntgenologische Diagnostik der Erkrankungen der Brusteingeweide : mit 60 Abbildungen im Text und 50 Röntgenbildern auf 8 Tafeln. Source: Wellcome Collection.

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    Ver- hältnis zu den übrigen physi- kalischen Me- thoden. des Verfahrens einzufügen, da diese Seite der Methode in anderen teils medizinischen, teils rein physikalischen Arbeiten in ausführlicher Weise behandelt ist, so muss ich doch die spe- zielle Technik der internistischen Radiologie eingehend berücksichtigen, eine Notwendigkeit, die aus dem Vorhergehenden genügend erhellt. Die Einteilung des ganzen Stoffes ist in der Weise geschehen, dass nach Erledi- gung der speziellen Technik der klinische Teil folgt, der in die Schilderung des Thoraxbildes im allgemeinen und in eine Reihe von Kapitel zerfällt, welche die in Betracht kommenden Systeme und Organe in ihren normalen und pathologischen Erscheinungsformen behandelt. Dabei hat stets die Thatsache Berücksichtigung gefunden, dass die Radiologie nirgends, am wenigsten in der internen Medizin Selbständigkeit beansprucht, sondern überall als eine Vermehrung der physikalischen Methoden auftritt und die älteren Methoden ergänzen und kontrollieren und durch sie ei’gänzt und koiitrolliert werden mufs. Während dem Moment der Kontrolle eine zwar nicht zu unterschätzende, aber doch mehr methodologische Bedeutung zukommt, erhöht das Moment der Ergänzung der übrigen physikalischen Methoden die Bedeu- tung des Verfahrens wesentlich. Gerade dort, wo die anderen physikalischen Methoden, deren Gebiet nur zu sehr an die Körperoberfläche gebunden ist, uns im Stiche lassen, erhellen die Röntgen strahlen, für die der Abstand der Herde von der Oberfläche nur von sekundärer Be- deutung ist, nicht selten die sonst unzugänglichen Tiefen. Nun ist es auch wohl klar, welch trauriges Zeugnis sich ein Radiologe ausstellt, der der übrigen physikalischen Methoden entraten zu können meint und anderseits ist die Zeit nicht mehr ferne, wo das Wort auch umgekehrt Geltung bekommt für den Internisten. Freilich hat derselbe das Recht zu fordern, dass das Röntgenverfahren vorher als internistische Methode ebenso eingehend und umfassend ausgebaut wird, wie die übrigen erwähnten es sind, deren Litteratur heute Bibliotheken füllt. Dazu haben nun die Radiologen viele Jahre hindurch wenig Lust gezeigt. Sie schüttelten lieber den Baum, von dem die immer reifen chirurgischen Früchte des Verfahrens in ungezählter Masse flelen und mühelos gesammelt werden konnten. Zu den langwierigen und schwierigen internistisch-radiologischen Untersuchungen gebrach es ihnen an Zeit und Lust. Viel Lust aber gehört dazu und manches Andere und viel Zeit, wohl noch manches Jahr wird vergehen, bis das Verfahren theoretisch und praktisch den übrigen physikalischen Methoden ebenbürtig zur Seite stehen wird. Aber auch heute verdient es schon die Beachtung und Verwendung seitens der Internisten, in erster Linie wegen seiner nicht unerheblichen j)ositiven Erfolge, in zweiter Linie wegen seines formalen, didaktischen Wertes. Die mehr oder minder an die Oberfläche gebundenen physikalischen Methoden lenken unser Denken leicht von der Tiefendimension ab. Statt dass wir bei der Perkussion, wie dies wohl möglich ist und bei grosser Uebung faktisch geschieht, gleichsam eine direkte Perception der Tiefenanlage des den Schall verändernden Gewebes in ähnlicher Weise erhalten, wie wir Ijeim binoculären Sehakt den Abstand zweier hintereinander liegenden Gegenstände scheinbar direkt wahrnehinen, während das logische Z\vischenglied, die ziemlich komplizierte Berechnung aus Augendistanz und Gesichtswinkel unbewusst in uns vorgeht, statt dessen begnügen sich viele damit, eine landkartenartige Oberflächendarstellung, z. B. Perkussionsfiguren aufzu- nehmen und gehen dann beAvusst den logischen Weg der Schlussfolgerung aus den gewonnenen Befunden durch. Auf dieser Stufe bleibt so mancher zeitlebens stehen, statt z. B. beim Aus- kultieren quasi den so und so beschaffenen Inhalt in den Bronchien im Geiste zu sehen, die Distanz eines Stenosengeräusches vom Ohre zu hören, den Abstand eines tiefliegenden Mediastinal- tumors vom perkutierenden Finger sozusagen zu fühlen. Natürlich bleiben noch immer zahl- reiche Fälle übrig, wo erst aus dem Zusammenhänge mehrerei’, für sich vieldeutiger Symptome eine Schlussfolgerung erlaubt ist. Dieser Sinn für die Tiefendiniension, das Denken in die Thoraxtiefe, die räumliche Vorstellung der Untersuchungsergebnisse prägt sich demjenigen mit der Kraft des Selbstgeschauten und Selbsterlebten ein, der das Röutgenverfahren verständig geübt hat. Darin liegt der genannte formale Wert desselben.