Medicin und Religion in ihren gegenseitigen Beziehungen : geschichtliche Untersuchungen / von Hugo Magnus.

  • Magnus, Hugo, 1842-1907.
Date:
1902
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Credit: Medicin und Religion in ihren gegenseitigen Beziehungen : geschichtliche Untersuchungen / von Hugo Magnus. Source: Wellcome Collection.

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    Verbote gegen die ärztliche Thätigkeit der Geistlichen, und das Concil von Wien (Sprengel Band II Seite 603) untersagte den Priestern strengstens die Leitung von Hospitälern; dieselbe sollte ausschliesslich den Aerzten von Fach Vorbehalten bleiben. Um aber den Berufsarzt möglichst unter Kontrolle zu behalten, verordnete eine päpstliche Bulle, dass kein Arzt einen Kranken zweimal be- suchen dürfe, ohne einen Geistlichen zu Rathe zu ziehen, welcher für das Seelenheil des Patienten zu sorgen habe. Allein trotzdem das geistliche Element bei der Krankenbe- handlung gegenüber dem berufsärztlichen allmählich wieder mehr in den Hintergrund gedrängt wurde, so war doch der Beruf des Arztes in den letzten Jahrhunderten des Mittelalters wahrhaftig kein angenehmer. Ganz abgesehen davon, dass das Pfuscherthum jener Zeit eine ganz unglaubliche Ausdehnung ange- nommen hatte, ja sogar es wagen durfte gegen die zünftigen Aerzte angriffsweise vorzugehen, so sorgte die Kirche reichlich dafür, dass der ärztliche Stand ein möglichst geplagter war. Wie wir schon im § 9 Seite 41 auseinander gesetzt haben, durfte der Arzt unter keinen Umständen auf Grund einer freien selbstständigen Beob- achtung resp. Erfahrung sich ein eigenes Urtheil über seinen Kranken, sowie über medicinische Dinge überhaupt erlauben. Die Kirche hielt an dem dogmatischen Charakter der Medicin und der Naturwissenschaft unbedingt fest und zwang den Arzt mit dem sich zu begnügen, was ihm Hippokrates und Galen zu bieten vei- mochten. Wer sich diesem Gebot nicht fügte, der riskirte die heftigsten Anfeindungen der Kirche. Und gar Mancher unserei damaligen Collegen sowie der Naturforscher hat es an Leib und Leben bitter erfahren müssen, was es mit dem Ungehorsam gegen die Kirche auf sich hatte. So wurde z. B. Pietro d’Abano (geb. 1250 zu Abano bei Padua) von der Inquisition eingekerkert, bloss weil er ein glühen- der Anhänger der arabischen Medicin, besonders des Avenhoes war, und auch in seinen philosophischen Ansichten sich der Kirche nicht fügen wollte. Zu seinem Glück starb er im Kerker noch ehe ihm das geistliche Gericht sein Urtheil gesprochen hatte. Weniger glimpflich kam Cecco d’As coli (geb. 1257) davon, dieser musste seine mit den kirchlichen Vorschriften nicht über- einstimmende Naturanschauung auf Veranlassung der Inquisition mit dem Feuertode bezahlen.