Das Medizinstudium der Frauen : Referat auf dem XXVI. Deutschen Aerztetag zu Wiesbaden / von F. Penzoldt.

  • Penzoldt, Franz, 1849-1927.
Date:
1898
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Credit: Das Medizinstudium der Frauen : Referat auf dem XXVI. Deutschen Aerztetag zu Wiesbaden / von F. Penzoldt. Source: Wellcome Collection.

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    letzteren brauche icli blos in aller Ruhe, aber mit allem Nachdruck unserer Ueberzeugung Ausdruck zu geben, dass, von verschwindenden Ausnahmen abgesehen — räudige Schafe giebt es ja in jedem Stand —, der deutsche Arzt alles thut, die Empfindungen seiner Patientinnen zu schonen. Dass es den Mädchen und Frauen viel Ueberwindung kostet, sich einer körperlichen Untersuchung zu unterziehen, ist zuzu- geben. Aber der Widerstand gegen die Untersuchung ist, das weiss jeder von uns, in dem Maasse geringer geworden, als die Nothwendigkeit derselben im Pubhkum immer allgemeinere An- erkennung gefunden hat. Was man noch vor 30 Jahren von den Kranken vielfach erbitten musste, verlangen jetzt geradezu die Kranken von uns. Wo es sich um Gesundheit und Leben handelt, hat die Entblössung und Betastung des weiblichen Körpers mit echter, wahrer Sittlichkeit gar nichts zu thun. Man kann das nicht besser ausdi-ücken, als mit dem einfach schönen Worte eines weiblichen Arztes, Fi'au Dr. Adams^: „Die Wissenschaft hat kein Geschlecht“. Aber nicht nur den sittlichen Schaden, sondern auch schwere körperliche Nachtheile soll künftighin der weibliche Ai’zt den Frauen ersparen. Infolge der Scheu vor dem männlichen Arzte soUen, so behaupten die weiblichen Agitatoren, unzählige Frauen den richtigen Zeitpunkt für die Behandlung ihrer Leiden, insbesondere des häufigen Uteruskrebses, versäumen und so den qualvollsten Krankheiten erliegen. Wenn dem so wäre, so wäre dieser Umstand genügend, alle sonstigen Bedenken gegen weibliche Aerzte fallen zu lassen. Es ist aber nicht so. Nach dem übereinstimmenden Urtheile der Gynäkologen, ins- besondere des dem Fi’auenstudium so geneigten Peter Müller liegen die Gründe für das verspätete Aufsuchen ärztlicher Hilfe 1. in dem den Fi’auen selbst unmerklichen Beginne dieser Affektion; 2. in der den meisten Kranken gemeinsamen Sorg- losigkeit gegenüber nicht direkt gefährlich scheinenden Krank- heiten, und 3., wenn sie die Art des Leidens almen, in der Furcht vor der Wahrheit und der drohenden Operation: „die Angst vor der Angst“, wie es Kollege Langertreffend be-