Referat über die Organisation der akademischen Behörden vom Verwaltungsrathe des Doctoren-Collegiums der medic. Facultät in Wien.

  • Universität Wien. Medizinische Fakultät.
Date:
1862
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Credit: Referat über die Organisation der akademischen Behörden vom Verwaltungsrathe des Doctoren-Collegiums der medic. Facultät in Wien. Source: Wellcome Collection.

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    7 tung, welche als von selbst sich verstehend im Jahre zu¬ vor, hei Gelegenheit der Rectorswahl am 7. October 1853, als der damals erkrankte Decan des philosophischen Doc- toren-Oollegiums Dr. Brunner durch den Prodecan des¬ selben Collegiums Dr. Dworzak substitnirt wurde, vom Ven. Consistoriurn keinen Widerspruch fand und von Seite desselben Unterrichts-Ministeriums nach Prüfung der Wahl¬ acten durch die Bestätigung der Wahl als einer legal voll¬ zogenen als legale anerkannt wurde. Aus dieser Wahl ging Professor Dr. Miklosich als Rector hervor, derselbe Rector, welcher ein halbes Jahr später eine Stellvertre¬ tung der Doctoren-Decane im Universitäts-Oonsistorium als ungesetzlich und unzulässig erklärte. Als in Folge einer hohen Unterrichts-Ministerialver- ordnung den diplomirten Chirurgen ohne vorheriges Ein¬ vernehmen der Facultät ausserordentliche Erleichterungen bei Erwerbung des medicinischen Doctorgrades zugestan¬ den wurden, war es notorisch, dass bei Erlangung der Zeugnisse über die Vorstudien (statt der Maturitätszeug¬ nisse), sowie der Frequentationsbestätigungen die ärgsten Unfüge stattfanden. So wurden günstige Zeugnisse über die mit Erfolg gemachten Prüfungen aus den Gymnasial¬ fächern erlangt, von deren unrechtmässiger Erwerbung inan sich leicht überzeugen konnte; Frequentationszeug- nisse über die medicinischen Fächer wurden erschlichen von solchen Individuen, welche nachweislich während des Curses Monate lang ihrer Praxis in der Provinz nach¬ gingen. Das Doctoren-Collegium, welches doch zumeist darunter leidet, wenn der ärztliche Stand verunziert wird und in seinen Schooss Doctoren aufgenommen werden sol¬ len, welche ihrer allgemeinen Vorbildung und der medi¬ cinischen Ausbildung nach nicht einmal den damals vor¬ geschriebenen so mässigen Anforderungen vollständig ent¬ sprachen, bemühte sich, diesem Treiben Einzelner zu be¬ gegnen; allein bei der oben sattsam erwiesenen Partei¬ stellung, welche damals die Unterrichtsbehörde einge¬ nommen, ohne allen nennenswerthen Erfolg. Wenn dem¬ nach das Doctoren-Collegium in seiner Zusammensetzung dem Professoren-Collegium nicht völlig genügt, so trägt wenigstens jenes daran die geringste Schuld. Selbst das Eigenthumsrecht des Collegiums wurde an¬ getastet. Die Facultäts-Matrikeltaxe der Medicin-Studie- renden, die seit den ältesten Zeiten bis zum Jahre 1851 an die Facultätscasse abgeführt wurde, wurde dem Colle¬ gium entzogen und so der wohlthätigsten Institution der Körperschaft, ihrer Witwen- und Waisen-Societät, ein Nachtheil zugefügt Allerdings ein höchst unbedeutender Betrag, wenn man bedenkt, dass das sogenannte neue Universitätsgebäude, welches die grosse Kaiserin am 5. April 1756 feierlichst der Universität zur Tilgung einer Schuldforderung von 565,852 fl. 49 kr. übergab, gleich¬ falls ohne die rechtlichen Besitzer zu befragen, der Uni¬ versität genommen und wenngleich verwandten, doch an¬ deren Zwecken dauernd zugewendet wurde. Selbst bei Gründung neuer Stipendien dringt sich die Competenzfrage oft ganz unberufen ein und verhindert durch die langwierigen Verhandlungen die Erfüllung wohl- thätiger Zwecke. Beispiele sind die Mo sing' sehe und die BleiVsehe Stiftung. Fragt man nun, ob jener Dualismus des provisorischen Gesetzes und alle diese Eingriffe denn nothwendig waren, um den Zweck des öffentlichen Unterrichtes besser zu er¬ reichen, um der Wiener Universität einen glänzenderen Ruf zu verleihen, um den Fortschritt der Wissenschaft zu befördern, den Studierenden die Zugänglichkeit zu den Instituten und Lehrmitteln zu erleichtern, den Werth eines Doctordiplomes von der Wiener Universität zu erhöhen, mit einem Worte, ob hiedurch die Universität als Lehran¬ stalt oder das öffentliche Wohl gewonnen, so wird die Antwort jedes Unbefangenen wohl verneinend ausfallen. Der wahre Freund der Wissenschaft wird vielmehr be¬ dauern, dass durch diese Competenzstreitigkeiten, die leicht vermieden werden konnten, so viele edle Zeit und Kraft vergeudet und das gute Einvernehmen unter den Fachge¬ nossen gestört und die gemeinsame Erreichung eines hö¬ heren Zweckes unmöglich geworden ist. Als nach Ablauf des ersten Quadrienniums, der eigent¬ lichen Probezeit der provisorischen Organisation, über Auftrag des h. Unterrichts-Ministeriums vom 26. April 1853, (Z.42/4, Consist. Z. 637), das Doctoren-Collegium einen um¬ fassenden Bericht (dtto 25. Juli 1853, Z. 467) über die stiftungsmässigen und historischen Rechte desselben und deren Zeitgemässheit mit Rücksicht auf eine definitive Or¬ ganisation erstattete, fasste es die Mehrzahl der oben ge¬ rügten Uebelstände ins Auge und machte bestimmt formu- lirte Vorschläge, auf welche es hiemit ausdrücklich hinzu¬ weisen sich erlaubt, denn sie stehen ganz im Einklänge mit den nachfolgenden Anträgen. 1. Die Universität zu Wien ist ihrer ganzen Anlage und Grundidee nach nicht bloss eine Hochschule im heu¬ tigen Sinne desWortes (Studium generale des Stiftbriefes), sondern zugleich eine gelehrte Gemeinde mit autonomer Verfassung, eine Universitas Doctorum, Magistrorum et Scholarium, bei welcher das Lehren mit dem Lernen auf die sinnreichste Weise verknüpft war. Dieser in den alt¬ ehrwürdigen Stiftungsurkunden von den Urenkeln Rudolfs von Habsburg, dem Herzoge Rudolf IV. und seinen beiden Brüdern Albrecht III. und Leopold III. als Landesfürsten ausgesprochene und für sich und ihre Nachkommen ge¬ währleistete corporative Charakter der Wiener Universität, welcher bis auf den heutigen Tag, wenn auch geschmälert, noch fortbesteht, bildet das Unterscheidende von den ge¬ wöhnlich bureaukratisch organisirten Staats-Lehranstalten höherer Kategorie, welche den Namen Universitäten füh¬ ren. Es ist diess eine Haupteigenthümlichkeit der hiesigen Universität und muss daher,als zu den „besonderen Ver¬ hältnissen“ derselben gehörend, vor Allem bei der defi¬ nitiven Organisirung festgehalten werden. Das Doctoren-Collegium ist aber weit entfernt, in der Wiederbelebung alter Gebräuche und Satzungen oder in dem starren Festhalten an morschen Institutionen das Heil der Universität zu erblicken. Es besitzt vielmehr in sei¬ nem Innern eine Organisation, welche der Zeit vorausge¬ eilt ist und manchen späteren Körperschaften als Muster diente; viele seiner Mitglieder bahnten Reformen in der medicinischen Wissenschaft an zu einer Zeit, als dieser Fortschritt von dem Katheder aus mit den Waffen der Au¬ torität und der Satyre bekämpft wurde. Was das Collegium als Ganzes leistete zur Förderung der Wissenschaft und im Interesse des öffentlichen Gesundheitswohles,ist in den zwölf bisher erschienenen Jahresberichten und in der seit acht Jahren ohne alle Subvention von aussen erscheinen¬ den Zeitschrift niedergelegt. Das Doctoren-Collegium will neue Formen schaffen, das Grundwesen der Universität