Die Legende von der Altertums-Syphilis : medizinische und textkritische Untersuchungen / von Dr. Albrecht Frhr. von Notthafft.

  • Notthafft, Albrecht von.
Date:
1907
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Credit: Die Legende von der Altertums-Syphilis : medizinische und textkritische Untersuchungen / von Dr. Albrecht Frhr. von Notthafft. Source: Wellcome Collection.

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    aliqui pernoctant vinariis, nonnulli velariis1) umbracularum theatralium latent, quae campanam imitatus lasciviam Catulus in aedilitate sua sus- pendit omnium primus; aut pugnaciter aleis certant turpi sono fragosis naribus introrsum reducto spiritu concrepantes“; d. h. also: das gewöhn- liche Volk treibt sich nachts in den Kneipen herum, nächtigt unter dem Schutz der Segeldächer, welche die Theater bedecken, oder spektakuliert beim Würfelspiel. Was diese Stelle aber mit dem Morbus campanus zu tun hat, ist nicht recht ersichtlich. Es heisst ja nur, dass unter dem Ädilat des Catulus in den römischen Theatern, welche ursprünglich keine Schutzvorrichtung gegen die Sonnenstrahlen hatten, nach der üppigen Sitte Campaniens, die Segeldächer eingeführt wurden. Diese Erzählung findet sich zum Teil sogar wörtlich schon bei Valerius Maximus2), welchem sie Ammianus Marcellinus offenbar entnommen hat: „Reli- gionem ludorum crescentibus opibus secuta lautitia est. Eius instinctu Q. Catulus campanam imitans luxuriam primus spectantium consessum velorum umbraculis texit.“ Die Stelle im Valerius Maximus ist aber ganz eindeutig: Mit dem steigenden Wohlstand verwischte der Prunk den ursprünglichen religiösen Charakter der Theatervorstellungen. Auch die campana luxuria der Segeldächer fand daher Eingang. Lascivia und luxuria bedeuten beide Ausgelassenheit, und nicht bloss sexuelle Ausgelassenheit. Vermutlich gab zu dem Missverständnisse Proksch’s vor allem die Verwertung der Stelle durch Rosen bäum Veranlassung; dieser identifiziert das „turpi sono fragosis . . . concrepantes“ mit dem ()ex%ovoiv des Dio Chrysostomos und bezieht beides auf ein Symptom der Päderastie. Auch wenn diese sichtlich ganz willkürliche Deutung richtig wäre, wäre damit noch keine Beziehung zu der vorausgehenden campana luxuria und einem Morbus campanus gegeben. Wir haben oben der „syphilitischen“ Hautveränderungen der Kaiser „Syphiiis“- Augustus und Tiberius würdigend gedacht. Da war schon von Narben narben- die Rede. Ein Schritt weiter, und wir befinden uns nur mehr den Narben gegenüber, welche nach Ausheilung tertiärer Produkte Zurück- bleiben. Tatsächlich hat denn auch Bur et3) die Narben exulzerierter Hautsyphilis aufgefunden. In den Werken des spätrömischen Dichters >) Nicht „velabris“, wie ältere Ausgaben, aber auch noch diejenige von Franc. Eyssenhardt (Berlin 1871, p. 16) nach den Codices bringen. So hat Rosenbaum (1. c. p 130) und nach ihm Proksch zitiert. Velabrum würde aber eine Gegend am aventinischen Hügel bezeichnen, wo die Öl- und Käsehändler ihre Buden hatten (Plaut. Capt. III, 1, 29, Martial XIII, 32, 2, Cicero ad Brut. Ep. 25, Horaz Sat II, 3, 229, Ovid, Fast. VI, 405, Ti bull II, 5, 33, Properz IV, 9, 5). Über die Bedeutung von Velarium siehe dagegen: Juvenal IV, 124; Rieh Antony, Illustriertes Wörterbuch der römischen Altertümer; aus dem Englischen übersetzt unter der Leitung von C. Müller. Paris u. Leipzig 1862, p. 676; ferner Georges Lateinisches-Deutsches Handwörterbuch. Leipzig 1879! Ü Valerii Maximi factorum et dictorum memorabilium Libri IX. Rec. Carolus Kempfius. Berolini 1854. Lib. II., C. 4, § 6. 3) Buret, 1. c. p. 232.