Volume 2

Die Geisteskrankheiten in Beziehung zur Medizin und Staatsarzneikunde / vollständig dargestellt von E. Esquirol ; in's Deutsche übertragen von W. Bernhard.

  • Esquirol, Etienne, 1772-1840.
Date:
1838
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Credit: Die Geisteskrankheiten in Beziehung zur Medizin und Staatsarzneikunde / vollständig dargestellt von E. Esquirol ; in's Deutsche übertragen von W. Bernhard. Source: Wellcome Collection.

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    27: bestnrkt sich im foilschreltenden Alter, und das Geld, das man ihm verschwenderisch giebt, scheint seinem höchsten Willen jedes 11 indemiss aus dem Wege zu räumen. Will man ihm Wider- sland leisten, so wird er erbittert, greift mit Kühnheit an und jsucht durch Gewalt zu herrscheu; er lebt unaufhörlich in Zank. Wenn irgend ein Thier, ein Hammel, ein Hund, ein Pferd seinen Unwillen erregt, so tödtet er es plötzlich. Ist er in einer Ge- sellschaft oder bei einem Feste, so wird er aufgebracht, giebt und erhält Schläge, und geht blutend fort. Er ist im männlichen Alter Besitzer eines grossen Vermögens, verwaltet es ganz ver- ständig, erfüllt die andern geselligen Pflichten und macht sich auch sogar durch wohlthätige Handlungen bekannt. Eines Tages wird er über eine Frau, die ihn beleidigt, aufgebracht und stürzt sie in einen Brunnen.» Madame , 23 Jahr alt, die seit 4 Jahren verheirathet war, hatte ein nervös-sanguinisches Temperament, besass eine grosse Reizbarkelt und einen lebhaften muntern Character. Sie erfuhr einige leichte Widerwärtigkeiten, wird exaltirt, und sie, die sonst sanft, gut, vortrefflich gegen ihren Mann gesinnt, sehr beschäftigt um ihr Kind, sehr besorgt für ihre Wirthschaft war — sie wird leicht reizbar, ein W^ort bringt sie in Zorn oder zum Weinen; sie vernachlässigt ihren Mann, weil er ihr wider- spricht; sie verlässt ihr Kind, weil wichtige Geschäfte sie aus dem Hause rufen. Zu Hause bringt Mad. Alles in Unordnung; weil Alles schmutzig und unordentlich ist, so ist es Zeit, dass Ordnung und Reinlichkeit in ihrer Wirthschaft herrsche. Sie spricht zu dem ersten Besten schlecht von ihrem Manne, beschul- digt ihn, dass er tausendmal Unrecht habe. Unüberlegt in ihrem Vorhaben entdeckt sie Gehelmnisse, die eine Frau gewöhnlich verborgen hält; unvoi-sichlig in ihrem Betragen, setzt sie sich un- gerechtem Verdacht aus. Wenn ihr Mann oder ihre Verwandten ihr einige Vorstellungen machen wollen, so wird sie böse, und sagt, dass man sie verläumde. Madame hat häufig Kopfschmerzen, leidet an Schlaflosigkeit und Verstopfung, die Regeln fliessen schlecht, die gewöhnlichen Kolikschmerzen werden zur Zeit der Mejistruation stärker, und einige hysterische Symptome compli- ciren sich mit diesem Zustande. Madame wird meiner Behand- lung anvertraut. Anfangs ist sie ruhig, sehr vernünftig, beklagt sich mit Mässigiing über ihre Familie, die sich in den Kopf ge-. setzt hat, sie für krank zu halten. Aber als der erste Eindruck der Isollrung aufgehört hatte, als sie mit ihrer neuen Wohnung und ihren Tischgenossen bekannt geworden war, nahm ihre krank- hafte Thätigkcit wieder zu. Sie nrachte in ihrem Zimmer Alles jn Unordnung und ihre Möbel unaufhörlich von einem Orte aum andern. Sie war unzufrieden mit Allem, beklagte sich über