Lehrbuch der Haut- und Geschlechtskrankheiten : für Ärzte und Studirende / von A. Wolff.

  • Wolff, A. (Alfred), 1850-1916.
Date:
1893
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Lehrbuch der Haut- und Geschlechtskrankheiten : für Ärzte und Studirende / von A. Wolff. Source: Wellcome Collection.

    64/660 (page 44)
    Blutfleckenkrankheit. Purpura haemorrhagica, Morbus maculosus Werlhofii. Purpura hemorrhagique. Land scurvy. Abgesehen von den Hämorrhagien, die den Verlauf acuter Infec- tionskrankkeiten begleiten können, gibt es eine idiopathische Blut- fleckenkrankheit, wahrscheinlich infectiöser Natur, die sich durch ihren fieberhaften Verlauf und das Auftreten von Blutungen in der Haut und in den inneren Organen charakterisirt. Symptome und Verlauf. Nach einem Prodromalstadium von einigen Tagen, während welchem der Patient über Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen, Frösteln, Abgeschlagenheit, Schmerzen in den Gliedern und Gelenken klagt, oft auch ohne Vorboten, zeigen sich über dem ganzen Körper hämorrhagische, stecknadelknopf- bis zehnpfennigstück- grosse, unregelmässige oder rundliche Flecken. An den unteren Extremitäten, wo die Stauung die Transsudation des Blutes begünstigt, sind sie grösser und dichter gedrängt. Zu gleicher Zeit erscheinen Blutungen in den Geweben und auf den freien Flächen der Schleimhäute. So beobachtet man Epistaxis, Hämatemese, Hämoptoe, blutigen Urin und Stühle, Blutungen in den Organen, in die serösen Höhlen. Dieser Zustand dauert während 1—4 Wochen; auf der Haut zeigt sich an den älteren Flecken die Colorationsveränderung, welche die Blutflecken gewöhnlich durchmachen, neben dem violetten Colorit der neu aufgetretenen Efflorescenzen. Durch die Zunahme der Blutungen kann das Leben gefährdet werden, der Patient verfällt in einen adynamischen Zustand und geht unter Zunahme der Symptome zu Grunde. In einigen Fällen verläuft die Krankheit in foudroyanter Weise. So habe ich einen Fall beobachtet, der in 24 Stunden letal ausging. In leichteren Fällen pflegen die Blutungen sich nicht oft und nicht lange zu wiederholen, das Fieber ist gering, das Allgemeinbefinden leidet nicht Noth, und die Patienten erholen sich in kurzer Zeit, wäh- rend die Reconvalescenz in schweren Formen durch den anämischen Zustand der Kranken verzögert wird. Diagnose. Die Purpura unterscheidet sich von scorbutischen Zuständen durch ihr plötzliches Auftreten und das Fehlen der Stoma- titis. Bei Scorbut sind die Blutungen besonders an den unteren Ex- tremitäten zu treffen, die ödematös angeschwollen sind, auch finden sich bei dieser Krankheit ausgedehntere Blutergüsse in den Muskeln. Bei Hämophilie ist die Heredität in Betracht zu ziehen, sowie der Umstand, dass früher schon Hämorrhagien stattgefunden haben. Die hämorrhagischen Formen anderweitiger Infectionskrankheiten, der Variola, Masern, Typhus etc. zeigen immer diesen Krankheiten eigenthümliche Symptome, die eine richtige Diagnose gestatten. Die Prognose wird besonders dem allgemeinen Zustand und der Intensität der Hämorrhagien unterworfen sein. Wie bei allen Infections-