Die Krankheiten des Nervensystems / [Rud Leubuscher].

  • Leubuscher, Rud. (Rudolph), 1821-1861.
Date:
1860
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Credit: Die Krankheiten des Nervensystems / [Rud Leubuscher]. Source: Wellcome Collection.

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    Die ätiologisch genetische Entwickelung ist beim Nervensysteme ebensowenig wie bei anderen Organen vollständig mit den Symptomen, wie mit der pathologischen Anatomie in Einklang zu setzen. Doch an vielen Punk- ten gewährt sie, sogar auch für die Therapie fruchtbare Anhaltspunkte; wir können verfolgen, wie eine Affection peripherisch beginnt, sich in die Centren hinein fortpflanzt, und durch zeitige Bekämpfung der peripherischen Affection den Process hemmen (Krämpfe durch peripherische Reizung). Einigen Anhalt giebt das Studium der specifischen Reize. Doch auch hier darf man den Gewinn, den man von der Erforschung der specifischen Aetiologie zu er- zielen denkt, nicht zu hoch anschlagen und sich dann etwa über die verfehl- ten Hoffnungen beklagen; auch hier fallen die Antworten auf gleichartige Reize oft verschieden aus und die ursprünglich einfache Entwickelung geht weiter als zu dem zuerst ergriffenen Punkt und wir erhalten nicht blos eine Vielheit in den Erscheinungen, sondern durch den begünstigenden Einfluss von individuellen Dispositionen etc. die verschiedenartigsten anatomischen Folgen. So ist also eine vollständig methodische Eintheilung der Nervenkrankhei- ten nicht möglich; wir wollen aber das Ziel, diese drei Richtungen einander zu nähern, mit einander zu verschmelzen, nicht aus den Augen verlieren, trotz des klaren Bewusstseins der entgegentretenden Schwierigkeiten; und so un- genügend uns die Eintheilung der Zustände, wie sie jetzt gebräuchlich ist, vielfach entgegentreten wird, so darf man doch nach unserem Dafürhalten nicht eher zertrümmern , als bis etwas Besseres an die Stelle gesetzt w erden kann. So verlangt das praktische Bewusstsein, wrie es einmal historisch ist, auch die scheinbar einheitlichen Symptoinencomplexe, die w ir deshalb in einem praktischen Handbuch als Sammelnamen noch beibehalten müssen. Man hat vielfach sogenannte Neurosen und organische Nervenkrank- heiten unterscheiden zu müssen geglaubt. Unter den ersteren, die man auch wohl als dynamische bezeichnen hört, verstand man solche Störungen im Be- reiche des Nervensystems, bei denen sich keine der gewöhnlichen Verände- rungen anatomisch nachweisen liess, während bei dem Antreffen einer anatomischen Läsion von einer organischen Affection gesprochen wird. Diese Unterscheidung ist der Sache nach falsch. Schon dadurch sind viele Irrthü- mer in die Auffassung hineingekommen, dass die Sectionsbefunde oft als voll- gültig für die Annahme einer organischen Krankheit betrachtet wurden , ohne zureichenden Beweis, dass sie gerade die vorliegende Erscheinungsreihe verschuldet, ausserdem ist der Name Neurose nur ein Name für die Reihe von Zuständen, bei welchen die Veränderung im Nerven eine schnell ausgeglichene und ausgleichbare ist, oder eine solche, wo unsere Hülfsmittel eben noch nicht hinreichen, sie darzustellen. Functionelle Erscheinungen, also auch Abwei- chungen sind aber immer bedingt durch substantielle Veränderungen und der Nachweis der electrischen Erscheinungen der thätigen Nerven, der experimentell bestimmt demonstrirte Einfluss auf die Circulation etc., lehrt von Tag zu Tag mehr die im Nerven vorgehenden moleculären Veränderungen kennen , wenn auch die Anwendung dieser physiologischen Erwerbungen für die Nerven- pathologie noch in einem losen Zusammenhänge steht. 1