Ein neuer Betrag zur Casuistik und Aetiologie der Spondyl-olisthesis / von Franz Ludwig Neugebauer.

  • Neugebauer, Franz Ludwig von, 1856-1914.
Date:
1884
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Credit: Ein neuer Betrag zur Casuistik und Aetiologie der Spondyl-olisthesis / von Franz Ludwig Neugebauer. Source: Wellcome Collection.

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    Widerstande des jungen Mädchens und ihrer Angehörigen. Nichts- destoweniger nehme ich keinen Anstand, hier auf diese Beobach- tung einzugehen, weil ich die gegründete Vermuthung hege, dass dies Mädchen über kurz oder lang, sobald sie erst einmal hei- rathet, in ärztliche Beobachtung gelangen wird, zumal ich sie der Aufmerksamkeit einiger Pariser Collegen anempfohlen habe. Fräul. P., als Kind wohlgebildet und rechtzeitig entwickelt, frei von hereditärer Belastung, ist als zweijähriges Mädchen ge- stürzt , war seither bis vor zwei Jahren leidend und ist zehn Jahre lang ärztlich behandelt worden. Sie empfand zunächst Gehstörungen, später vage Schmerzen im Kreuze und der Len- dengegend. Bettlägerig war sie niemals längere Zeit hindurch, ihre Krankheit hatte einen schleichenden Charakter, wenig prägnante Symptome. Anfangs wurde ein Knie „mit Sinapis- men behandelt, später „la maladie s'est portee dans les reins. Das hervorragendste Merkmal des Leidens war eine ganz allmälige Verkürzung des Oberkörpers und seitliches Her- vortreten der Hüften. Die Kleider wurden zu lang. Dabei war die Körperhaltung stets gerade, nie nach vorn gebeugt, Fie- ber, Eiterung u. s. w. waren nie vorhanden, der allgemeine Ernährungs- und Kräftezustand stets gut. Seit zwei Jahren haben sich auch Schmerzen in der Kreuzgegend mehr weniger allmälig verloren und fühlt sich das junge Mädchen zur Zeit nicht krank. Das ist Alles, was ich zu erfahren vermochte. Die äussere Er- scheinung ist ein lebendes Seitenstück zu der Berlinerin Frau R. (s. diese Arbeit Fig. 9—11). Leider kann ich nicht einmal eine Abbildung vorlegen. Meines Erachtens handelt es sich hier dem äusseren Habitus und der Gangart nach bestimmt um eine Pelvis obtecta mit äusserlich kyphotischem Charakter, und zwar einmal wegen der übertrieben geraden Körperhaltung, andererseits wegen der Anamnese um ein spondyl-olisthetisches Becken. Ein Malum Pottii der Lumbosacralregion, ein Spondylizema Herrgott's kann wohl statthaben, ohne dass die Wirbelsäule einsinkt, den Becken- eingang bedeckt, und ohne einen eigentlichen Gibbus zu bil- den, ich bezweifle aber, dass ein höherer Grad von Pelvis obtecta spondylizematica ohne Gibbus und andererseits ohne markirte Vornüberneigung des Oberkörpers vorkommt. Erinnern will ich an die Differentialdiagnose zwischen Spondyl - olisthesis und Spon- dylizem bei Fr. Ottilie Grassau in Dresden (s. Neugebauer, dieses Archiv, Bd. XIX, Heft 3, Fig. 3 u. s. w.).